Defizitdebatte Verspätung völlig normal
02.09.2002, 06:50 UhrDie Bundesregierung wird ihre Schätzung für die Haushaltsdefizitquote erst verspätet an die EU weitergeben, wies jedoch Presseberichte zurück, der Grund dafür sei die Überschreitung der Defizitobergrenze. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte am Montag in Berlin, die verspätete Meldung sei kein unübliches Verfahren der EU-Staaten und liege im Falle Deutschlands an den wegen der Flutkatastrophe noch unzureichend vorliegenden Zahlen.
Erst wenn zuverlässige Schätzungen vorlägen, könne das Ministerium auch seriöse und verlässliche Zahlen liefern. Unklar sei, ob dies noch vor der Wahl am 22. September geschehen werde. Die EU-Mitgliedstaaten müssen am 1. März und 1. September ihre Schätzungen für ihre Haushaltdefizite im Gesamtjahr der EU melden.
EU noch gelassen
Der Bundesregierung droht nach den Worten von EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer derzeit keine Verwarnung der EU wegen einer möglichen Verfehlung der EU-Defizitkriterien. "Das steht jetzt nicht auf der Tagesordnung", sagte Schreyer auf die Frage, ob es einen so genannten Blauen Brief an Deutschland geben werde oder ob ein solcher drohe.
Die EU-Kommission hatte nach eigenen Angaben bis vor kurzem keinen Grund, Vorhersagen für das deutsche Defizit maßgeblich zu revidieren. Dazu müsse die Herbst-Prognose abgewartet werden, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel.
Schallmauer drei Prozent
Die Defizitquote für den deutschen Haushalt lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr des laufenden Jahres bei 3,5 Prozent. Dies lasse aber keine Rückschlüsse auf das Gesamtjahr 2002 zu, teilte das Bundesamt mit. Nach dem Maastrichter Vertrag dürfen die EU-Staaten eine Defizitobergrenze von drei Prozent nicht überschreiten.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hatte bereits am Sonntag Berichte zurückgewiesen, dass es in Brüssel eine Diskussion über eine Verletzung der Maastricht-Kriterien durch Deutschland gebe. "Fragen Sie doch mal in Brüssel den zuständigen Kommissar. Diese Debatte gibt es gar nicht. Die wird hier hochgezogen", sagte Eichel in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen".
Dagegen rechnete in derselben Sendung der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der CDU/CSU, Friedrich Merz, mit einem Staatsdefizit von deutlich über drei Prozent. "Für die Regierung ist die Lage eine massive Katastrophe", so Merz.
Quelle: ntv.de