Politik

Anhörung im Fall Kurnaz Verständnis für Rot-Grün

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich trotz nicht völlig ausgeräumter Sicherheitsbedenken im Fall des früheren Guantnamo-Häftlings Murat Kurnaz aus humanitären Gründen für dessen Freilassung nach Deutschland eingesetzt. Damit revidierte sie Anfang 2006 eine Entscheidung der rot-grünen Bundesregierung, die eine Einreisesperre gegen den in Bremen geborenen Türken verhängt hatte. "Dass eine andere Regierung nach drei oder vier Jahren eine andere Entscheidung fällt, heißt aber nicht, dass die Entscheidung der Vorgängerregierung falsch ist", gab Kanzleramtschef Thomas de Maizire am Donnerstag im BND-Ausschuss zu bedenken.

"Man muss vorsichtig sein, beim Werfen des ersten Steines Jahre danach", sagte der CDU-Politiker. Es gelte stets die Situation nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu berücksichtigen. "Auch in Deutschland herrschte nach den Anschlägen Entsetzen." Kurnaz war wenige Wochen nach dem 11. September in Pakistan festgenommen und dann über Afghanistan nach Guantnamo gebracht worden. Erst im August 2006 und nach Intervention Merkels bei US-Präsident George W. Bush kam er nach mehr als viereinhalb Jahre Haft und Folter frei.

Den Kurswechsel der schwarz-roten Bundesregierung begründete de Maizire einerseits mit der Bereitschaft der US-Seite, seit Ende 2005 über eine Freilassung von Kurnaz zu sprechen. Zudem habe Merkel aber im Januar 2006 klar gemacht, dass ein Lager wie Guantnamo nicht auf Dauer existieren dürfe. Deshalb sei es nur konsequent, wenn sich die Bundesregierung für die Freilassung von Inhaftierten mit "engem Deutschland-Bezug" einsetze.

Der frühere außenpolitische Berater von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD), der heutige Botschafter in Indien, Bernd Mützelburg, sagte, auch die rot-grüne Regierung habe sich für die Freilassung von Kurnaz aus humanitären Gründen eingesetzt. So sei er vom damaligen Kanzleramtschef und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beauftragt worden, beim Bush-Besuch im Februar 2005 in Mainz vertraulich mit der US-Seite über den Fall zu sprechen und auf eine Freilassung hinzuwirken. Schröder selbst habe er aber nicht über den Einzelfall unterrichtet. "Der Bundeskanzler ist nicht tätig geworden."

Dies wurde von der Opposition als "gravierender Fehler" bemängelt. "Einen solchen Fall muss man zur Chefsache machen", sagte der FDP-Politiker Max Stadler. Der Linksfraktions-Abgeordnete Wolfgang Neskovic lobte das Verhalten Merkels ausdrücklich. "Frau Merkel war diejenige, die gehandelt hat." Die rot-grüne Menschenrechtspolitik sei indes "Heuchelei" gewesen. Für den SPD-Obmann Thomas Oppermann wurde durch den Kurswechsel der Regierung Merkel die Entscheidung der rot-grünen Regierung keineswegs aufgehoben. Vielmehr habe es sich um eine völlig neue Entscheidung unter neuen Voraussetzungen gehandelt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen