Umweltaktivistin und Ingenieurin Villavicencios Partei stellt nach Mord neue Kandidatin auf
13.08.2023, 08:52 Uhr Artikel anhören
Andrea González Náder soll die Partei Construye in den ecuadorianischen Wahlkampf führen. Eine schusssichere Weste könnte dabei ein lebenswichtiges Utensil werden.
(Foto: REUTERS)
Die Partei des ermordeten Präsidentschaftskandidaten Villacvicencio schickt eine neue Kandidatin ins Rennen. Die als Stellvertreterin vorgesehene González Náder nimmt seinen Platz ein. Derweil kommt der mit dem Mord in Verbindung gebrachte Bandenchef "Fito" in einen Hochsicherheitstrakt.
Nach der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio in Ecuador soll nun seine Vize-Kandidatin Andrea González Náder bei der Wahl nächstes Wochenende ins Rennen gehen. Da Villavencio und die Partei sie ausgewählt hätten, ihn als Präsidenten im Falle seiner Abwesenheit zu ersetzen, habe die Parteiführung entschieden, sie als neue Präsidentschaftskandidatin einzuschreiben, teilte die Partei Construye (Baue) am Samstag (Ortszeit) mit. Ein neuer Vizepräsidentschaftskandidat werde in Kürze bekannt gegeben.
Villavicencio war am Mittwoch nach einer Wahlkampfveranstaltung in der Hauptstadt Quito erschossen worden. Mindestens neun Menschen wurden bei dem Vorfall verletzt, ein Verdächtiger erlag nach einem Schusswechsel mit den Sicherheitskräften seinen Verletzungen. Sechs Verdächtige, allesamt Männer aus dem Nachbarland Kolumbien, kamen in Untersuchungshaft. Präsident Guillermo Lasso verhängte für 60 Tage den Ausnahmezustand und mobilisierte die Streitkräfte.
Am 20. August finden in Ecuador vorgezogene Präsidenten- und Parlamentswahlen statt. Diese sind notwendig geworden, weil Lasso inmitten eines Amtsenthebungsverfahrens wegen mutmaßlicher Unterschlagung die Nationalversammlung aufgelöst hatte.
Nach Medienberichten stammt González Náder aus der Hafenstadt Guayaquil, wurde 1987 geboren und ist studierte Ingenieurin. Sie arbeitete demnach bisher als Umweltaktivistin und Hochschuldozentin. Bevor sie Villavicencios Wahlkampfpartnerin für die zentrumsnahe Partei Construye wurde, war sie laut dem Portal "Primicias" bei Wahlen für das Parlament und das Amt des Vizepräfekten in der Provinz Guayas erfolglos für sozialistische Parteien angetreten.
4000 Beamte bei Verlegung von Bandenchef
Als Reaktion auf die Ermordung Villavicencios ist zudem der einflussreiche Bandenchef "Fito", der Villavicencio mit dem Tod gedroht haben soll, in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt worden. Rund 4000 Angehörige von Armee und Polizei beteiligten sich am Samstag an dem Einsatz in einem Gefängnis in Guayaquil im Südwesten des Landes. Ecuadors Präsident Guillermo Lasso machte Mitglieder der "organisierten Kriminalität" für den Mord an Villavicencio verantwortlich.
Lasso gab im Onlinedienst X, der früher Twitter hieß, bekannt, dass José Adolfo Macías alias "Fito", der Anführer der kriminellen Bande "Los Choneros", ins Hochsicherheitsgefängnis La Roca verlegt worden sei. Dieses hat 150 Plätze und liegt in demselben Gefängniskomplex in Guayaquil, in dem er bereits inhaftiert war.
Von Lasso veröffentlichte Bilder zeigten einen bärtigen Mann, der von Sicherheitskräften abgeführt wird. Auf anderen Bildern ist zu sehen, wie der Mann in Unterwäsche und mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegt.
Die Strafvollzugsbehörde (Snai) bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass es sich bei dem Mann um den seit 2011 inhaftierten "Fito" handele. Er war wegen organisierter Kriminalität, Drogenhandels und Mordes zu 34 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach Angaben der Behörden kontrollierten "Fito" und seine Männer mindestens ein Gebäude des Gefängnisses, in dem er inhaftiert war.
Das einst friedliche Ecuador leidet derzeit unter einer Welle der Gewalt. Die Mordrate von 25 Tötungsdelikten je 100.000 Einwohnern im vergangenen Jahr war die höchste in der Geschichte des südamerikanischen Landes. Die Regierung macht vor allem Drogenhändler verantwortlich.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP