Suche nach neuer Balance Visionär Obama macht Ernst
01.03.2010, 20:08 UhrNach dem Ende des Kalten Krieges ist sein gefährliches Erbe geblieben: Auch in Deutschland lagern schätzungsweise noch bis zu 20 Atombomben. Die USA suchen eine neue Balance für das "Gleichgewicht des Schreckens" und wollen ihr Arsenal "drastisch" reduzieren. Derweil will Russland seine völlig veralteten Bomber "strategisch" aufmotzen.

Das Symbol der Hoffnung und des Friedens hat noch nicht ausgedient.
Die USA wollen ihr Atomwaffenarsenal möglicherweise um Tausende Waffen reduzieren. Davon könnten auch in Deutschland stationierte Nuklearwaffen betroffen sein, berichtete die "New York Times". Präsident Barack Obama und Verteidigungsminister Robert Gates wollen sich mit Top-Sicherheitsleuten treffen, um letzte Unklarheiten für ein Papier über die neue Nuklearstrategie zu beseitigen.
"In dem Dokument wird sichergestellt, dass es eine drastische Reduktion des Bestandes gibt - die in die Tausende geht", sagte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses der "New York Times". Anderen Regierungsmitarbeitern zufolge gibt es Debatten auch mit den Alliierten, taktische Waffen aus Europa abzuziehen - unter anderem aus Deutschland, Italien, Belgien, den Niederlanden und der Türkei. Einzelheiten darüber waren zunächst nicht zu erfahren. Dabei gehe es um Raketen, die eher der politischen Beruhigung als der wirklichen Abschreckung dienten.
Ziel im Koalitionsvertrag
Auf Drängen der FDP hatte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag das Ziel festschreiben lassen, noch in dieser Legislaturperiode eine Vereinbarung über den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland zu erreichen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte diese Forderung etwa auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar wiederholt.
Im kommenden Monat wird Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihres USA-Besuchs auf Einladung von Präsident Obama auch an einem Gipfel zur nuklearen Sicherheit in Washington teilnehmen. Dort geht es um die Verhinderung der Weiterverbreitung von Nuklearwaffen und atomarem Material.
Neue Strategie fast komplett
Das neue Strategie-Papier der USA ist nach dem Bericht der "New York Times" fast komplett. Strittig sei noch, inwieweit die USA für sich selber eingrenzen, wann sie nukleare Waffen einsetzen würden. Klar sei aber bereits, dass das Weiße Haus weiter an der Option eines nuklearen Erstschlags festhält.
"Welt ohne Atomwaffen"
Obama hatte bereits früh eine Initiative für eine nuklearwaffenfreie Welt gestartet. Im April hatte er in Prag seine Vision einer atomwaffenfreien Welt dargelegt. Kritiker aus dem Lager der oppositionellen Republikaner hatten ihm jedoch vorgeworfen, der Verzicht auf Nuklearwaffen gerade angesichts neuer Bedrohungen durch den Iran und Nordkorea sei naiv.
Vertreter aus dem linken Spektrum hatten ihn dagegen beschuldigt, nicht schnell genug Abrüstungsschritte unternommen zu haben. Sie fürchten, die USA könnte auf eine Attacke mit biologischen oder chemischen Waffen mit einem Atomschlag reagieren, der unter Umständen Länder treffen würde, die selber atomwaffenfrei sind.
Die USA verpflichten sich im neuen Strategiepapier, keine neuen Nuklearwaffen zu entwickeln. Auch das von Obamas Vorgänger George W. Bush gestartete Programm zur Entwicklung von Mini-Atombomben für den Einsatz gegen Bunker - sogenannte "Bunker Busters" - soll daher gekippt werden. Stattdessen baue das Pentagon die Verteidigung künftig vermehrt auf Systemen zur Raketenabwehr auf. Die Stationierung neuer Raketen soll sich unter anderem gegen neue Bedrohungen wie den Iran richten. Obama wolle zur Weiterentwicklung nicht-nuklearer Raketen Milliarden Dollar investieren.
Russland rüstet sich modern
Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin hat sich derweil für die Entwicklung eines neuen atomwaffenfähigen Langstreckenbombers ausgesprochen. Nach dem Bau eines modernen Kampfjets mit Tarnkappen-Technik kündigt Putin nun auch einen "strategischen Raketen-Träger" an.
Die russischen Bomber gelten als völlig veraltet. Die Luftwaffe solle in den kommenden zehn Jahren mehr als 1500 neue Flugzeuge und Hubschrauber erhalten, sagte Putin bei einem Besuch des Flugzeug-Bauers Suchoi in Moskau nach Angaben der Agentur Interfax.
Ende Januar hatte das hochmoderne Überschall-Flugzeug PAK FA T-50 seinen Jungfernflug absolviert, das erste seiner Art seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 und das als Antwort auf den US-Stealth-Jäger F-22 gilt. Kremlchef Dmitri Medwedew hatte seinem rückständigen Militär einen radikalen Reformkurs verordnet: Auch die Bomberflotte, bestehend aus Tupolev Tu-95MS Turboprop-Maschinen und Tu-160 Überschall-Jets, droht zu veralten.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts