Ehrgeizige Anschlagsplanung Wagen standen bereit
08.09.2007, 12:23 UhrDie im Sauerland festgenommenen Terrorverdächtigen wurden nach Medienberichten aus Pakistan gesteuert und sollten ihre Anschläge noch im September verüben. Darauf habe ihr Ansprechpartner von der Terrororganisation Islamische Dschihad-Union gedrungen, berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft wollte sich dazu nicht äußern, weil diese Information zum "Kernbereich der Ermittlungen" gehöre.
Zünder aus Syrien gefunden
Sie bestätigte aber, dass die Männer in Frankreich bereits drei Kleintransporter gekauft hatten. Es gebe aber keinen Beweis für die Aussage eines anonymen Ermittlers im Nachrichtenmagazin "Focus", dass die Fahrzeuge für Autobomben gedacht waren. Die Ermittlungen werden nach Angaben der Sprecherin noch monatelang dauern. Bei der Durchsuchung des Hauses im Sauerland wurden laut "Spiegel" Zünder aus Syrien gefunden.
Planung des Prestigeerfolgs
Mit den Anschlägen wollte sich die bisher wenig bekannte Dschihad-Union nach Einschätzung eines hochrangigen Sicherheitsexperten international Aufmerksamkeit verschaffen, schrieb der "Tagesspiegel". Deutschland wurde demnach ausgesucht, weil es hier noch keinen islamistischen Anschlag gab und ein solcher unter Islamisten als besonderer Prestigeerfolg gegolten hätte.
Kommunikation über Telefon-Läden
Die beiden Deutschen und ihr türkischer Komplize waren im vergangenen Jahr von Terror-Ausbildungen in Nordpakistan laut "Welt" mit dem Auftrag zurückgekehrt, Anschläge in Deutschland zu verüben. Sie verhielten sich streng konspirativ, nutzten für die Kommunikation mit ihren Autraggebern laut "Focus" weit von ihrem Aufenthaltsort entfernte Telefon-Läden und tauschten laut "Tagesspiegel" E-Mails aus, die in speziellen Internet-Speichern hinterlegt und abgerufen wurden. Demnach nutzten sie auch Tarnbezeichnungen und sprachen etwa von "Geschenken", wenn es um die Anschläge ging.
"Sind die Geschenke bereit?"
Schließlich habe ihr Ansprechpartner in Pakistan Druck gemacht, berichtet der "Tagesspiegel". "Sind die Geschenke bereit?", soll er gefragt haben. Laut der "Spiegel" erteilte er in einem Telefonat Ende August den Auftrag, innerhalb von zwei Wochen einen Anschlag zu verüben.
Die Bundesanwaltschaft hatte bereits mitgeteilt, dass sie außer gegen die drei Festgenommenen gegen fünf weitere namentlich bekannte Verdächtige ermittelt, außerdem auch gegen zwei, von denen nur die Decknamen bekannt sind - offensichtlich die Auftraggeber aus Nordpakistan.
Etwa 50 Verdächtige
Die Sprecherin der Behörde bestätigte, dass die Ermittler darüber hinaus zahlreiche weitere Personen aus der Dschihad-Union im Fokus haben. Bei ihnen reichten die Erkenntnisse bisher aber nicht, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, erklärte sie. Die von Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) genannte Zahl von insgesamt 50 Beteiligten konnte sie nicht bestätigen. Bundeskriminalamt-Präsident Jörg Ziercke spricht laut "Welt" intern von insgesamt 49 Personen im In- und Ausland.
SPD unter Druck
Derweil machen die Unionsparteien weiter Druck auf die SPD, um den Sicherheitsbehörden die heimliche Durchsuchung von Computern übers Internet zu erlauben. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, verlangte in der "Stuttgarter Zeitung" vom Koalitionspartner "konsequentes Handeln" statt "demonstrativer Gelassenheit". CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", letztlich werde die SPD ihre Vorbehalte "aufgeben müssen". Hessens CDU-Innenminister Volker Bouffier äußerte sich in der "Frankfurter Rundschau" überzeugt, dass Online-Durchsuchungen auch im neuen Fall geholfen hätten.
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz erklärte sich damit einverstanden, zur Terrorabwehr Erkenntnisse ausländischer Geheimdienste aus Online-Durchsuchungen zu nutzen.
Quelle: ntv.de