Politik

Showdown in Lützerath Warum in einem kleinen Ort so viel Sprengkraft steckt

Die Polizei trifft Vorbereitungen, um das Dorf zu räumen - dort sollen sich Hunderte Klimaaktivisten aufhalten.

Die Polizei trifft Vorbereitungen, um das Dorf zu räumen - dort sollen sich Hunderte Klimaaktivisten aufhalten.

(Foto: dpa)

Das Dorf Lützerath Rheinland taucht zuletzt immer wieder in den Nachrichten auf. Klimaschützer halten die verlassene Siedlung besetzt. Ihnen stehen Polizeikräfte gegenüber, immer wieder kommt es in den vergangenen Tagen zu Zusammenstößen, Protesten und Barrikaden auf Landstraßen. Doch worum geht es in Lützerath eigentlich - und wie wird das Ganze enden? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Worum geht es im Konflikt um Lützerath?

Der Essener Energiekonzern RWE fördert im rheinischen Revier westlich von Köln Braunkohle. Im Bereich des Nordreviers liegt auch die Ortschaft Lützerath. Das inzwischen unbewohnte Dorf soll abgebaggert werden, weil RWE den Tagebau Garzweiler ausdehnen und die unter dem Ort liegende Kohle fördern will.

Kann Lützerath nicht erhalten bleiben?

RWE einigte sich im Oktober mit Bund und Land auf ein Ende der Braunkohleverstromung bis 2030. Um die bis dahin benötigten Kohlemengen zu fördern, bedarf es nach Behördenangaben jedoch der Kohle unter Lützerath. Laut dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium wird die Kohle auch gebraucht, um in der Energiekrise die Braunkohlewirtschaft mit hoher Auslastung zu betreiben. Wegen der Energiekrise gebe es einen "erhöhten Braunkohlebedarf, der zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit benötigt wird", heißt es offiziell.

Doch es gibt auch andere Sichtweisen: Expertenberichte der CoalExit Research Group und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kamen zuletzt zu dem Ergebnis, dass die Energieversorgung in der Krise auch ohne die Kohle unter Lützerath möglich wäre.

Was wollen die Umweltschützer?

Klimaschützer kämpfen für den Erhalt des Dorfs und wollen einen Abriss verhindern. Sie fordern einen Stopp der Räumung. Sie warnen vor Schäden für Umwelt und Tiere und sehen das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens gefährdet. Umweltaktivisten warfen den Grünen, welche die Wirtschaftsministerien im Bund und Nordrhein-Westfalen führen, vor, für die Einigung mit RWE auf einen Kohleausstieg 2030 den Ort Lützerath zu "opfern".

Deshalb gab es zuletzt immer wieder Proteste gegen das Vorrücken des Tagebaus. Die Umweltschützer schlossen sich dafür zum Aktionsbündnis Lützerath unräumbar zusammen, zu dem auch Fridays for Future, Extinction Rebellion oder die Letzte Generation gehören. Sie wollen nach eigenen Angaben in Lützerath "für globale Klimagerechtigkeit" kämpfen.

Wie ist die Lage in Lützerath aktuell?

Etwa 300 Menschen sollen sich nach Angaben von Klimaaktivisten derzeit in Lützerath aufhalten, um Bauarbeiten von RWE zu blockieren. Seit Anfang der Woche trifft die Polizei nun Vorbereitungen, um das Dorf zu räumen. Dabei wurden von Aktivisten auch Barrikaden errichtet, zudem wurden Einsatzkräfte mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen.

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen sind die Aktivisten in ihrer überwiegenden Mehrheit "zivildemokratische Akteure". "Dennoch sind in der Protestszene auch wenige Linksextremisten aktiv", teilte die Behörde mit. Vor der heißen Phase der Mobilisierung vor der erwarteten Räumung des Ortes hätten sich dort etwa 130 Aktivisten aufgehalten, darunter 30 gewaltbereite.

Wegen der sich zuspitzenden Lage riefen die Aktivisten inzwischen zu einer Mobilisierung ihrer Unterstützer auf. Von den ursprünglichen Einwohnern ist der Ort laut Wirtschaftsministerium in Düsseldorf mittlerweile komplett verlassen. Die Umsiedlungen begannen bereits 2006.

Wie geht es in Lützerath weiter?

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Die Behörden kündigten eine Räumung ab Mitte Januar an. Die Rechtsgrundlage zur Räumung besteht durch eine Verfügung ab dem kommenden Dienstag, wie die zuständige Heinsberger Kreisverwaltung mitteilte. Ein Eilantrag der Klimaschützer gegen die Verfügung scheiterte am Donnerstag vor dem Aachener Verwaltungsgericht. Die Aktivisten kündigten an, das Verfahren in der nächsten Instanz weiterzubetreiben.

Am Dienstag soll es laut Aachener Polizei als Gesprächsangebot eine öffentliche Bürgerinformation in Erkelenz geben. Klimaaktivisten kündigten für Samstag kommender Woche eine Großdemonstration in Lützerath an, zu der nach eigenen Angaben "etliche tausend" Protestierende erwartet werden. Die Demonstration soll demnach trotz des Aufenthaltsverbots und einer möglicherweise vorher durchgesetzten Räumung der Polizei stattfinden.

Quelle: ntv.de, kst/AFP/dpa

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