Überwältigendes Votum Weg frei für Sarkozy
14.01.2007, 13:03 UhrFrankreichs Konservative haben am Sonntag Innenminister Nicolas Sarkozy ins Rennen um die Präsidentschaft geschickt. Vor 80.000 Anhängern auf einem medienwirksam inszenierten Sonderparteitag in Paris nahm Sarkozy die Wahl an. In einer Urwahl der regierenden UMP hatten sich 98 Prozent der eingeschriebenen Anhänger für den ebenso umtriebigen wie umstrittenen Parteichef entschieden. Er soll im Duell mit der sozialistischen Kandidatin Segolene Royal den Elysee-Palast für die Konservativen verteidigen. Bei einer programmatischen Rede präsentierte sich der als Polarisierer geltende Politiker als Integrationsfigur, griff aber zugleich integrationsunwillige Ausländer an.
"Mein Frankreich ist ohne Ausnahme das aller Franzosen", sagte der frisch gekürte Kandidat. "Mein Frankreich ist das all jener Franzosen, die nicht ganz sicher wissen, ob sie rechts, links oder in der Mitte stehen."
Angesichts der Führungsquerelen in der UMP hatte Sarkozy die Konservativen zuvor eindringlich zur Einheit gemahnt. Die Nominierung Sarkozys auf dem von Kritikern als "Krönungsparteitag" titulierten 3,5 Millionen Euro teuren Mega-Kongress war längst beschlossene Sache, da der Innenminister keine Konkurrenten hatte. Dennoch hat der als Radikalreformer auftretende Minister im Traditionsflügel der Partei wenige Freunde.
Spontan das Wort ergriffen
Vor seiner offiziellen Nominierung zum Kandidaten für die Wahl im Frühjahr ergriff "Sarko", wie ihn seine Anhänger kurz und bündig nennen, auf dem Parteikongress spontan das Wort und forderte die Delegierten zur Eintracht auf. "Wir haben verstanden, dass eine große Familie die Summe ihrer Meinungsverschiedenheiten darstellt", sagte der 51-Jährige.
Mit Blick auf den jüngst innerparteilich in die Kritik geratenen Ministerpräsidenten Dominique de Villepin fügte Sarkozy hinzu, jeder habe einen warmherzigen Empfang auf dem Kongress verdient. Beobachter werteten die kurze Rede Sarkozys als Versuch, Misstöne auf der Großveranstaltung zu vermeiden -etwa indem Villepin mit Buhrufen oder Pfiffen vom Parteivolk empfangen würde. Auf dem Kongress kamen beide Politiker zu einem kurzen Plausch zusammen.
Villepin hatte die Urabstimmung über den Kandidaten mit der Begründung boykottiert, Präsident Jacques Chirac habe schließlich noch nicht entschieden, ob er bei der Wahl im Frühjahr für eine dritte Amtszeit kandidieren wolle. Villepin verabschiedete sich dann, noch bevor Sarkozy nach der Nominierung als Kandidat eine "Rede an die Franzosen" hielt.
Kopf-an-Kopf-Rennen
"Ich akzeptiere niemanden, der sich in Frankreich niederlassen will, ohne sich die Mühe zu machen, französisch zu sprechen oder zu schreiben", rief er seinen Anhängern zu. Auch gegen die im Islam zulässige Vielehe sei unfranzösisch. "Die Polygamen haben in Frankreich nichts zu suchen", sagte Sarkozy.
Sarkozy liefert sich zwar in Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der sozialistischen Hoffnungsträgerin Royal. Doch zugleich bestätigen Studien, dass der Innenminister mit seinen markigen Sprüchen über Einwanderer und jugendliche Randalierer stark polarisiert: 51 Prozent der Bevölkerung erklärten laut einer Befragung im Auftrag der Wochenzeitung "Journal du Dimanche", Sarkozy beunruhige sie.
Die Entscheidung wird wohl in einer Stichwahl im Mai fallen. Dabei könnten Sarkozy sein Muskelspiel in der UMP zum Verhängnis werden, sagt der Chefredakteur des Magazins "L'Express", Christophe Barbier. "In der zweiten Runde gewinnt oft die Person, die am wenigstens verhasst wird."
Quelle: ntv.de