Rotstift nicht nur bei der Bundeswehr Weise will Ministerium halbieren
24.10.2010, 11:22 UhrVon 3300 runter auf 1600 Mitarbeiter? Nicht nur bei der Bundeswehr, auch im Bundesverteidigungsministerium könnte demnächst deutlich Personal abgebaut werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundeswehr-Strukturkommission. Das Verteidigungsministerium sei eine zersplitterte und "systematisch überstrapazierte Gesamtorganisation".
Die Strukturkommission für die Reform der Bundeswehr wird Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) radikale Veränderungsvorschläge vorlegen. Der Kommissionsvorsitzende und Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, schlägt unter anderem vor, das Verteidigungsministerium um die Hälfte zu verkleinern. Weise sagte in der ARD, in einem Ministerium werde "der politische Wille artikuliert. Und aus meiner Sicht braucht man höchstens die Hälfte der Menschen dazu." Statt derzeit rund 3300 sollen nach Weises Vorschlägen künftig etwa 1600 Menschen im Ministerium arbeiten - konzentriert in Berlin, in Bonn gäbe es nur noch eine untergeordnete Bundeswehr-Behörde.
SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold begrüßte den Vorschlag. Die Überlegungen zur Straffung der Führung seien richtig, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Zugleich verwies er im "Tagesspiegel" aber darauf hin, dass das bestehende Bonn-Berlin-Gesetz einen festen Prozentsatz an Ministeriumsmitarbeitern in Bonn vorsehe. Bei einer starken Kürzung müsste möglicherweise das Gesetz geändert werden.
Die Strukturkommission will ihren 114-seitigen Bericht am Dienstag dem Verteidigungsminister übergeben. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" kommt die sechsköpfige Kommission darin zu dem Schluss, das Verteidigungsministerium sei eine zersplitterte und "systematisch überstrapazierte Gesamtorganisation". Die "allgemeine Verantwortungsdiffusion" mache eine "stringente Steuerung unmöglich". Weiterhin empfiehlt die Kommission, die Führung unterhalb des Ministers auf einen Staatssekretär und den Generalinspekteur zu konzentrieren. Der Generalinspekteur wird in dem Papier gestärkt und zu einer Art Generalstabschef befördert.
Anmerkung zur Truppenstärke
Die Wehrpflicht soll nach dem Willen der Kommission ausgesetzt und durch einen freiwilligen, bis zu 23-monatigen Dienst ersetzt werden, der es allen Erwachsenen ermögliche, sich für die Allgemeinheit zu engagieren. Wer den freiwilligen Dienst bei der Bundeswehr ableisten will, soll sich demnach für mindestens 15 Monate verpflichten, um auch für Auslandseinsätze ausgebildet werden zu können.
Was die Frage der künftigen Truppenstärke der Bundeswehr angeht, sind die Vorschläge der Kommission laut ARD zurückhaltender als die des Generalinspekteurs Volker Wieker. Der oberste Soldat der Armee hatte einen Mindestumfang von 163.500 Soldaten vorgeschlagen, die Strukturkommission sieht dagegen eine Truppenstärke zwischen 180.000 und 190.000 Soldaten als erforderlich an.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte, er werde die Ergebnisse bis Ende Januar prüfen lassen, um dann zu entscheiden, wie viel davon in der Bundeswehrreform umgesetzt werden könne. "Wenn wir mehr Soldaten wollen als das, was ich als Minimallinie vorgeschlagen habe, wird man das natürlich unterfüttern müssen im Sinne unserer Sicherheit aber auch im Sinne unserer Soldaten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", sagte der CSU-Politiker. Im Klartext heißt dies wohl: Für 190.000 Soldaten fordert Guttenberg mehr Geld im Bundesetat.
Quelle: ntv.de, AFP/rts