Daten werden gespeichert Wer, wann und mit wem
18.04.2007, 09:04 UhrIn Deutschland sollen künftig sämtliche Telefon- und Internetverbindungsdaten ein halbes Jahr gespeichert werden. Der vom Bundeskabinett am Mittwoch beschlossene Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) setzt eine Richtlinie der Europäischen Union (EU) um. Gespeichert wird, wer wann mit wem telefoniert hat, unabhängig von einem Verdacht auf eine Straftat. Bei Mobilfunkgesprächen wird zudem der Standort festgehalten. Der Inhalt des Gesprächs und Daten, die Aufschluss über aufgerufene Internetseiten geben, dürfen nach dem Gesetzentwurf nicht gespeichert werden.
Von der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung versprechen sich die Sicherheitsbehörden mehr Erfolge beim Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität. Datenschützer, die Internetwirtschaft, Anwälte und Medien protestieren gegen die Speicherung. Sie befürchten eine nachhaltige Beeinträchtigung von Grundrechten.
Mit dem Gesetzentwurf brachte das Kabinett zudem neue Regeln für die Telefonüberwachung auf den Weg. Maßgeblich ist hier auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach ist eine Überwachung unzulässig, wenn das Gespräch den Kernbereich privater Lebensführung betrifft. Die Telefonüberwachung soll auf schwere Straftaten beschränkt werden.
Weitere Verschärfung
In der Bundesregierung spitzt sich unterdessen der Streit um die von Innenminister Wolfgang Schäuble geplante Verschärfung der Sicherheitsgesetze zu. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir auf Vorrat quasi die Fingerabdrücke aller Menschen, die einen Pass beantragen müssen, weil sie reisen wollen, in Deutschland speichern", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am Mittwoch. Die SPD-Politikerin bezog sich damit auf das Vorhaben Schäubles, die Fingerabdrücke bei den Passämtern zu speichern. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil gab den Plänen des Ministers keine Chance. Der Innenminister verteidigte hingegen sein Vorhaben.
Wie das Passgesetz aussehen solle, sei längst vereinbart und es befinde sich im parlamentarischen Verfahren. "Wenn jetzt gesagt wird, die Fingerabdrücke sollen doch noch mal woanders gespeichert werden, dann kann ich nur sagen, dafür gibt es im Moment gar keine rechtliche Grundlage", fügte Zypries hinzu.
Bei der Einführung der biometrischen Fotos in deutschen Reisepässen im November 2005 hatte das Bundesinnenministerium zugesichert, die biometrischen Daten sollten nur zur Herstellung der Pässe genutzt und danach gelöscht werden. Eine Zentraldatei werde es nicht geben.
Bemüht, zu schützen
Schäuble sagte dagegen dem Magazin "Stern": "Ich kann an all den Plänen nichts Schlimmes erkennen." Der Rechtsstaat beschneide nicht die Freiheit, sondern er bemühe sich, sie zu schützen. "Die Gewährleistung von Sicherheit für Leib und Leben ist wesentlicher Teil der Aufgabe des Staates. Sie sichert uns eine Freiheit, die wir früher nicht hatten: weltweit zu reisen, zu kommunizieren, Geschäfte zu machen", sagte der CDU-Politiker. Schäuble vertrat die Ansicht, der Grundsatz der Unschuldsvermutung könne im Kampf gegen terroristische Gefahren nicht gelten.
Zugleich ging Schäuble Zypries direkt an. "Ich wehre mich sehr dagegen, dass die Bundesjustizministerin jetzt öffentlich den Eindruck erweckt, als wäre unsere Zusammenarbeit nicht so konstruktiv wie sie in Wahrheit ist."
Am Montag hatten sich die Koalitionsspitzen darauf verständigt, zu Schäubles umstrittenen Plänen zur Speicherung von Fingerabdrücken und Passfotos sowie zur Regelung von Online-Durchsuchungen ein informelles Gremium einzusetzen, um den Streit zu entschärfen.
Quelle: ntv.de