Rot-rotes Thüringen möglich Wer wird Regierungschef?
29.08.2008, 16:51 UhrDer Thüringer Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow würde bei einer rot-roten Regierungskoalition notfalls zugunsten der SPD auf den Ministerpräsidentenposten verzichten. Er bot der SPD an, sie könne nach der Landtagswahl im kommenden Jahr auch als kleinerer Partner den Regierungschef stellen. "Eine Regierung wird nicht an der Personalfrage scheitern", sagte der Vize-Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag der in Erfurt erscheinenden "Thüringer Allgemeinen". "Die Sache geht vor, die Staatskanzlei ist zweitrangig." Eine aktuelle Umfrage in Thüringen sieht die Linke gleichauf mit der bisher alleinregierenden CDU bei etwas über 30 Prozent. Die SPD liegt bei 20 Prozent.
SPD-Landeschef Christoph Matschie hält diese bisher in Deutschland noch nie praktizierte Konstellation für möglich. Die SPD habe zwar ausgeschlossen, "Juniorpartner" zu sein, sagte Matschie. Dies beziehe sich aber nicht auf die zahlenmäßige Stärke, sondern nur darauf, dass die Linke nicht den Ministerpräsidenten stellen dürfe.
Matschie hatte sich Anfang des Jahres bei einer parteiinternen Urwahl um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im kommenden Jahr mit einer deutlichen Abgrenzung zur Linkspartei gegen den früheren Innenminister Richard Dewes durchgesetzt. Dewes hatte auch eine rot-rote Koalition unter Führung eines Ministerpräsidenten von der Linken nicht ausgeschlossen, die in aktuellen Umfragen in Thüringen mehr als zehn Prozentpunkte vor der SPD liegt. Matschie war mit der Festlegung in die Urwahl gegangen, nicht "Juniorpartner" zu sein und keinen Ministerpräsidenten der Linken zu wählen.
Wegen des starken bundespolitischen Einflusses eines Ministerpräsidenten könne die Linkspartei solange keinen Regierungschef stellen, wie sie bundespolitisch nicht regierungsfähig sei, argumentiert Matschie. Bisher sei die SPD nicht davon ausgegangen, dass die Linke als größerer Partner auf das Ministerpräsidentenamt verzichten würde. Er sei sich auch nicht sicher, ob das entsprechende Angebot von Ramelow innerhalb der Linken abgestimmt sei.
Der Fraktionschef der Linken im Landtag, Dieter Hausold, nämlich schloss einen SPD-Ministerpräsidenten aus, falls der Abstand zwischen beiden Parteien so bleibe wie bisher. "Dann ist der Wählerwille zu vollziehen, und der heißt in dem Fall, dass es einen Ministerpräsidenten Ramelow geben wird", sagte Hausold MDR-Info. Eine Fraktionssprecherin sagte aber, dass dies kein Dissens zu Ramelow sei, der in dem Sender den Verzicht nur bei einem "etwas stärkeren" Abschneiden der Linken für möglich erklärte.
Superwahlsonntag am 30.August 2009?
Inzwischen deutet sich an, dass es vier Wochen vor der Bundestagswahl im September 2009 einen Superwahlsonntag geben könnte, da in drei Ländern Abstimmungen über neue Landtage anstehen. Derzeit verdichten sich Hinweise, dass die Wahlberechtigten in Thüringen, im Saarland und in Sachsen an einem gemeinsamen Termin an die Urnen gerufen werden. Als erstes Land legte sich das Saarland auf den 30. August 2009 fest. Im Bund wird aller Voraussicht nach am 27. September gewählt. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte der "Saarbrücker Zeitung", der Termin sei nach Gesprächen mit den ebenfalls der CDU angehörenden Regierungschefs von Thüringen und Sachsen, Dieter Althaus und Stanislaw Tillich, vereinbart worden.
Müller hatte schon vor Monaten angekündigt, die Landtagswahl von der Bundestagswahl trennen zu wollen. Auch Althaus hatte für einen abgekoppelten Wahltermin möglichst zeitgleich mit dem Saarland und Sachsen plädiert. "Der 30. August 2009 ist eine ernsthafte Option", sagte sein Regierungssprecher Fried Dahmen in Erfurt. Eine endgültige Entscheidung sei aber nicht gefallen. Dahmen geht davon aus, dass das "in wenigen Wochen" geschieht.
In Sachsen ist der Termin ebenfalls noch nicht festgezurrt. Angedacht sei ein Wahltermin Ende August oder Anfang September 2009. Am kommenden Donnerstag solle darüber im Landtagspräsidium gesprochen werden, sagte Regierungssprecher Peter Zimmermann. In Sachsen regiert die CDU anders als im Saarland und in Thüringen nicht allein, sondern mit der SPD. Unklar ist, ob der Koalitionspartner sich den Plänen widersetzt.
Abkopplung kommt Union zugute
Hinter der Absicht, die Landtagswahlen von der Bundestagswahl zu entkoppeln, steckt die Überlegung, dass die Union bei separaten Abstimmungen in den Ländern stets eher ihre Anhängerschaft mobilisieren kann als die politische Konkurrenz. Bei der Zusammenlegung von Bundes- und Landtagswahlen befürchtet die Union hingegen, dass dieser Effekt verloren geht. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel ist den Informationen zufolge mit der Entscheidung der Parteifreunde in Saarbrücken einverstanden. Ein Superwahlsonntag vier Wochen vor der Bundestagswahl würde auch das Klima in der heißen Phase des Ringens um das Kanzleramt beeinflussen.
Saar-Ministerpräsident Müller hatte vor Wochen angekündigt, die Landtagswahl von der Bundestagswahl entkoppeln zu wollen und sich damit den Unwillen der anderen Parteien im Land zugezogen. SPD, FDP, Grüne und Linke hatten immer wieder einen gemeinsamen Termin mit dem Bund gefordert.
Quelle: ntv.de