3,4 Milliarden Euro Hilfe Wiederaufbau in Georgien
22.10.2008, 19:08 UhrGeorgien bekommt von der internationalen Gemeinschaft Finanzhilfen in Höhe von insgesamt rund 3,4 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren. Dies teilte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner nach einer Geberkonferenz in Brüssel mit.
Mit der Hilfe zum Wiederaufbau nach dem Kaukasuskrieg Anfang August sei jedoch die Erwartung verbunden, dass die Regierung von Präsident Michail Saakaschwili für mehr Rechtsstaatlichkeit, Rechte der Opposition und Medienfreiheit sorgt, betonten mehrere Geldgeber.
Das Ergebnis der Geberkonferenz liegt deutlich über den zunächst erhofften 2,4 Milliarden Euro. Allein 2,8 Milliarden Euro des jetzt in Aussicht gestellten Pakets kommen aus dem öffentlichen Bereich, weitere 650 Millionen Euro aus dem privaten Sektor. Von der Gesamtsumme sind 1,53 Milliarden Euro Zuschüsse, die restlichen 1,9 Milliarden Euro sind zinsgünstige Kredite.
Verwendung genau kontrollieren
EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso nannte es "eine moralische Pflicht, einem Nachbarn in Not zu helfen". "Wir sind sehr bewegt angesichts dieses Zeichens der Solidarität", sagte der georgische Regierungschef Lado Gurgenidse. Das Resultat der Konferenz stelle die Regierung nicht vor Probleme: "Je mehr wir bekommen, desto besser."
Georgische Oppositionelle kritisierten die Führung in Tiflis und forderten die Geber auf, die Verwendung der Mittel genau zu kontrollieren. Die USA gehören mit 766 Millionen Euro ebenso wie die EU-Kommission mit 500 Millionen Euro zu den größten Gebern. Die USA kündigten an, 191 Millionen Euro als Budgethilfe zur Verfügung zu stellen. Andere Teilnehmer der Konferenz wollten Tiflis jedoch ausdrücklich nicht die Verfügungsgewalt über das Geld überlassen.
Georgien war im August in die abtrünnige Region Südossetien einmarschiert. Daraufhin hatten russische Soldaten große Teile Georgiens besetzt. Sie zogen sich Anfang Oktober aus bis dahin noch gehaltenen "Pufferzonen" in Kern-Georgien zurück. Russland hat Südossetien und Abchasien als selbstständige Staaten anerkannt und seine Truppen in diesen Gebieten erheblich verstärkt.
Deutschland gibt weitere 34 Millionen
Die Bereitschaft zur Unterstützung Georgiens war nach Angaben von Diplomaten höchst unterschiedlich. Frankreich, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, kündigte eine Finanzhilfe von 7 Millionen Euro an, Schweden hingegen 70 Millionen. Italien ist zu einer Hilfe von 3 Millionen Euro bereit, während Norwegen 30 Millionen gibt.
Deutschland erhöhte seine bereits im Frühjahr zugesagte "normale" Georgien-Hilfe von 35 Millionen Euro um weitere 34 Millionen Euro. Das Geld solle für konkrete Projekte - beispielsweise Unterkünfte für Vertriebene oder die Wiederherstellung zerstörter Infrastruktur - ausgegeben werden. "Ich sehe keine Möglichkeit, dass wir von Korruption betroffen sind", sagte der Staatssekretär im deutschen Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Erich Stather.
Offener Brief der Opposition
"Wir erwarten, dass Georgien das Geld nutzt, um wichtige Reformen voranzubringen", unterstrich Ferrero-Waldner. Dabei gehe es um Reformen des Justizsystems, der Verwaltung öffentlicher Finanzen und mehr Pressefreiheit. Auch der deutsche Außen-Staatsminister Gernot Erler sagte: "Im Übrigen erwarten wir, dass die angekündigten Reformen auch umgesetzt werden."
"Die Regierung muss das Tempo der Reformen beibehalten", verlangte auch der Vizepräsident der Weltbank, Shigeo Katsu. Georgien habe in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht und dank eines Wirtschaftswachstums von jährlich mehr als zehn Prozent auch die Armut verringert. Es leide nicht nur unter den Folgen des Konflikts mit Russland um die abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien, sondern auch unter den Folgen der Finanzkrise. An der Geberkonferenz hatten 38 Staaten und 15 internationale Organisationen teilgenommen.
In einem offenen Brief forderten georgische Oppositionelle die Geldgeber auf, sicherzustellen, dass die Lebensbedingungen der Vertriebenen verbessert werden und mehr Demokratie im Land möglich wird. Zu den Unterzeichnern gehören der frühere Parlamentspräsident Nino Burjanadse und Ex-Außenministerin Salome Surabischwili. Der georgische Ombudsmann Sozar Subari kritisierte das "autoritäre Regime" Saakaschwilis und appellierte an die Geldgeber: "Helft uns bei der Demokratisierung!"
Quelle: ntv.de