Politik

Hochrufe auf Al-Sadr Wirbel um Handy-Bilder

Die irakische Regierung will untersuchen, wie ein offensichtlich per Handy aufgenommenes Video von der Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein zu Stande gekommen ist. Die Ermittlungen richteten sich gegen Sicherheitskräfte, die bei der Hinrichtung anwesend gewesen seien, sagte Sami Al-Askari, ein enger Berater von Ministerpräsident Nuri al-Maliki. "Bevor wir den Raum betraten, gab es die Absprache, dass niemand ein Mobiltelefon dabei hat", sagte er.

Die inoffiziellen Aufnahmen unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt von den Film, der von der Regierung veröffentlicht wurde: Auf dem Band ist zu sehen und zu hören, wie der ehemalige Diktator bis zum letzten Moment beschimpft und verhöhnt wird. Zudem zeigt das Video die Hinrichtung in voller Länge. Unter anderem sind Hochrufe auf den radikalen Schiiten-Prediger Muktada al-Sadr zu hören. Als Saddam bereits am Galgen hängt, bricht Jubel unter den Anwesenden aus. Der Führer des Sadr-Blocks im Parlament, Nassar al-Rubai, hatte am Vortag erklärt, Sadr-Anhänger hätten ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Die Sadr-Bewegung selbst habe damit nichts zu tun.

Der Maliki-Berater versuchte, die Bedeutung der Aufnahmen herunterzuspielen: "Ein paar Wächter haben Slogans gerufen, die nicht angemessen waren." Askari kritisierte vor allem, dass die Aufnahme dem Ruf des Sadr-Lagers schade. "Das hätte nicht passieren dürfen", sagte er. Sadr wird von den USA für einen Großteil der religiösen Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten verantwortlich gemacht, er gilt aber als eine wichtige Stütze Malikis in der Regierung.

Maliki hatte US-Regierungsvertretern zufolge gegen deutlichen Widerstand der USA auf eine schnelle Hinrichtung des ehemaligen Machthabers gedrängt. "Die Amerikaner wollten die Hinrichtung um 15 Tage aufschieben. Aber der Ministerpräsident war sehr hartnäckig", sagte ein Regierungsvertreter. Die Vollstreckung des Todesurteils zum Auftakt eines der größten islamischen Feste stärkt Malikis Position innerhalb des schiitischen Lagers, löste aber Wut und Rachegefühle unter den Sunniten aus.

Briten kritisieren Veröffentlichung

Saddam war am Samstag im Morgengrauen gehängt worden. Das Video war am Sonntag aufgetaucht und dann auch ins Internet gestellt worden. Die britische Regierung kritisierte die Veröffentlichung des Videos derweil als "inakzeptabel". Wer immer die Verantwortung dafür trage, solle "sich schämen", sagte der stellvertretende Premierminister John Prescott der BBC. US-Präsident George W. Bush hatte die Hinrichtung einen "Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratischen Irak" genannt.

Gewalt im Irak auf neuem Höhepunkt

Der Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten fielen im Dezember den offiziellen Statistiken zufolge 1930 Zivilisten zum Opfer. Das ist mehr als das Dreifache der Zahl der Todesopfer zu Beginn des Jahres im Januar, als sich die meiste Gewalt noch gegen die US-geführten Truppen im Land richtete. Insgesamt sind nach den am späten Montagabend veröffentlichten Zahlen des Innenministeriums im vergangenen Jahr 12.320 Zivilisten getötet worden, zudem 1.231 Polizisten und 602 irakische Soldaten.

Die Zahlen dürften noch untertrieben sein. UN-Statistiken zufolge kommen derzeit täglich 120 Zivilisten um. Allein für Oktober hatten die Vereinten Nationen auf der Basis von Daten des Gesundheitsministeriums und des Bagdader Leichenschauhauses rund 3.700 tote Zivilisten errechnet.

Dänemark würde gern abziehen

Unterdessen erwägt Dänemark einen Teil-Abzug seiner Soldaten aus dem Irak noch in diesem Jahr. Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen sagte am Montag in seiner Neujahrsansprache, er hoffe, dass die Iraker im Verlauf des Jahres die Verantwortung für die Sicherheit im Süden des Landes übernehmen. Sollte dies so kommen, könne die Zahl der britischen und dänischen Soldaten im Irak verringert und ihr Aufgabenbereich geändert werden.

Dänemark hat rund 470 Soldaten im Irak. Sie unterstehen britischem Kommando. Seit Beginn des Einsatzes sind fünf dänische Soldaten getötet worden. Einer Umfrage vom November zufolge lehnen 60 Prozent der Dänen ein weiters Engagement des Landes im Irak ab.

Quelle: ntv.de

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