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Als Priester verkleidet Wirecard-Betrüger Marsalek soll für Russland spioniert haben

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Marsalek wird nicht nur des Wirtschaftsbetrugs bezichtigt, sondern auch, für den russischen Geheimdienst gearbeitet zu haben.

Marsalek wird nicht nur des Wirtschaftsbetrugs bezichtigt, sondern auch, für den russischen Geheimdienst gearbeitet zu haben.

(Foto: picture alliance / SvenSimon)

Jan Marsaleks kriminelle Handlungen scheinen sich nicht nur auf Finanzdienstleister Wirecard zu beschränken. Recherchen zufolge arbeitet er zudem jahrelang für russische Geheimdienste und investiert in eine Söldnerfirma. Als Tarnung nutzt er dafür wohl die Identität eines Priesters.

Der flüchtige Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek arbeitet offenbar seit Jahren für russische Geheimdienste. Das geht aus gemeinsamen Recherchen von "Spiegel", ZDF, dem österreichischen "Standard" und der russischen Investigativplattform The Insider hervor.

Demnach lernte Marsalek im Sommer 2014 Stanislaw Petlinski kennen, einen ehemaligen Mitarbeiter der Moskauer Präsidialverwaltung mit besten Kontakten in den russischen Sicherheitsapparat. Petlinski sagte den Recherchen zufolge später in kleiner Runde, er habe Marsalek anschließend dem russischen Militärgeheimdienst GRU übergeben. Dem "Spiegel" bestätigte Petlinski, er habe Marsalek "hohen Entscheidungsträgern" in Russland vorgestellt, unter anderem in der Duma. Die Frage, ob er ihn auch Agenten vorgestellt habe, beantwortete er nicht.

Zu den Personen, die Petlinski Marsalek vorstellte, gehört Anatolij Karasi, der als GRU-Offizier in Tschetschenien diente und zwischenzeitlich eine hochrangige Funktion in der berüchtigten Söldnertruppe Wagner hatte. Petlinski bestätigte, 2017 mit Marsalek und Karasi nach Syrien gereist zu sein. Darüber hinaus investierte Marsalek in die russische Söldnerfirma RSB, die später in Libyen im Gebiet des Moskau-freundlichen Generals Chalifa Haftar eingesetzt wurde.

Auch die Nachrichtendienste mehrerer westlicher Staaten gehen davon aus, dass Petlinski seit Jahren im Dienst russischer Geheimdienste steht. Seit Marsaleks Flucht im Jahr 2020 haben russische Behörden wohl dem Ex-Manager dabei geholfen, falsche Identitäten anzunehmen, um so unerkannt in Russland zu leben und zu reisen.

Marsalek offenbar als Priester getarnt

Demnach nutzte Marsalek im Untergrund die Identität eines russisch-orthodoxen Priesters. Nach Informationen des "Spiegel" wies sich der mutmaßliche Wirtschaftsverbrecher wohl im September 2020 auf der Krim mit dem Reisepass des Geistlichen Konstantin Bajasow aus. Dem "Spiegel" und seinen Partnern liegt eine Kopie des Passes vor, er enthält ein Foto Marsaleks.

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Recherchen in einer russischen Passdatenbank ergaben zudem, dass Bajasows Passakte am 5. September 2020 geändert und der Pass mit der Nummer 763391844 neu ausgestellt wurde. Unter den dort gespeicherten Passbildern befindet sich neben drei Fotos Bajasows auch eine neuere Aufnahme Marsaleks mit Vollbart. In der Akte ist darüber hinaus eine Kontaktperson samt Telefonnummer vermerkt: Jewgenija Kurotschkina. Sie ist eine mutmaßliche Helferin des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB, die laut geleakter Daten regelmäßig mit einem Moskauer Agenten der Behörde reist und telefoniert. Mehrere Indizien weisen darauf hin, dass Marsalek in Moskau später wohl auch noch die Identität eines Alexander Schmidt annahm, wahrscheinlich auch die eines zweiten russischen Priesters, Witalij Malkin.

In österreichischen Ermittlungsakten heißt es zudem, Marsalek sei Teil einer "nachrichtendienstlichen Zelle, deren Kapazitäten und Fähigkeiten sich russische Nachrichtendienste bedient" hätten. Auch britische Sicherheitsbehörden werfen dem früheren Manager vor, als Spion Moskaus zu arbeiten. So soll er in London einen Agentenring gesteuert und finanziert haben. Marsaleks Anwalt ließ einen umfangreichen Fragenkatalog des "Spiegel" unbeantwortet.

Quelle: ntv.de, als

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