Für eine friedliche Papst-Demo Wowereit appelliert an Berliner
26.08.2011, 20:56 UhrDer Papst wird bei seiner Deutschland-Visite viele jubelnde Gläubige treffen. Aber nicht alle sind begeistert, etliche Initiativen planen Proteste. Berlins Stadtoberhaupt Wowereit kann die Motive der Kritiker gut verstehen, ruft sie aber eindringlich zu friedlichen Protesten auf.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat "großes Verständnis" für die zum Staatsbesuch von Papst Benedikt XVI. angekündigten Proteste gegen die Sexuallehre der katholischen Kirche. "Ich verstehe, und das ist auch in Ordnung, dass Bürgerinnen und Bürger den Papstbesuch benutzen, um hier darauf aufmerksam zu machen, dass die katholische Kirche mit ihrer Lehre Thesen vertritt, die weit in die zurückliegenden Jahrtausende gehören, aber nicht in die Neuzeit", sagte Wowereit in Berlin.
"Insofern habe ich großes Verständnis dafür, immer vorausgesetzt, dass diese Proteste im friedlichen und demokratischen Rahmen passieren. Damit muss die katholische Kirche leben. Das widerspricht auch nicht einer Gastfreundschaft, die wir bei einem Staatsbesuch zeigen sollen", sagte Wowereit. Der SPD-Politiker hatte 2001 erklärt: "Ich bin schwul, und das ist auch gut so."
Auf die Nachfrage, ob er damit nicht indirekt zu Demonstrationen gegen den Besuch des Papstes aufruft, sagte Wowereit: "Nein, das tue ich nicht." Berlin freue sich auf den Besuch Benedikts XVI. "Er ist in der Hauptstadt herzlich willkommen."
"Die Bibel kann irritieren"
Der Erfurter Bischof Joachim Warnke sagte, er habe Verständnis, das sich Menschen an den Positionen seiner Kirche reiben. Die sexualethischen Weisungen der Kirche könnten "schon irritieren, die ganze Bibel kann irritieren", sagte Warnke.
Der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) begrüßte Wowereits Äußerungen. "Es freut mich, wenn der Regierende Bürgermeister sich inhaltlich unseren Zielen anschließt", sagte LSVD-Sprecher Jörg Steinert. Er könne aber verstehen, dass für Wowereit die politischen Pflichten beim Papstbesuch vorrangig seien.
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte, die angekündigten Proteste seien Teil der Meinungsfreiheit. Der frühere bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) warnte vor religiöser Intoleranz. Der Papst komme als Staatsoberhaupt zu einem Staatsbesuch. "Da er ein Staatsoberhaupt ist, hat der Regierende Bürgermeister von Berlin sich da herauszuhalten."
"Privatleben sollte nicht von Bedeutung sein"
Am 22. September wird sich der Papst im Berliner Olympiastadion in Begleitung von Wowereit in das Goldene Buch der Stadt eintragen. "Ich nehme an, dass der Papst informiert wird, wenn es ihn interessiert, dass ich mit einem Freund zusammenlebe", sagte Wowereit. Er werde den Papst gebührend empfangen. "Der Regierende Bürgermeister ist der Regierende Bürgermeister dieser Stadt – und das bedeutet, dass er Staatsgäste so behandelt, wie sie protokollarisch und auch von der Gastfreundschaft her zu behandeln sind. Das bedeutet, dass meine persönliche Lebensweise nicht die vorderste Rolle spielen darf – und sollte."
Benedikt XVI. besucht Deutschland vom 22. bis 25. September. Stationen neben Berlin sind Erfurt, das Thüringische Eichsfeld und Freiburg. "Der Papst kommt" – unter diesem Motto planen in der Hauptstadt Verbände und Initiativen eine Demonstration während der Rede des Pontifex im Bundestag. Sie richten sich gegen die restriktive Haltung des Papstes bei Kondomen und Abtreibungen sowie die "Diskriminierung" homosexueller Menschen.
Quelle: ntv.de, dpa