Politik

Jobwunder in Deutschland Ziel ist Vollbeschäftigung

Die Arbeitslosenquote sank nicht saisonbereinigt auf 7,0 Prozent.

Die Arbeitslosenquote sank nicht saisonbereinigt auf 7,0 Prozent.

(Foto: dapd)

Schon 2012 könnte die Zahl der Arbeitslosen unter die Marke von zwei Millionen sinken. Davon gehen Arbeitsmarktexperten aus, falls es zu keiner neuen Wirtschaftskrise kommt. Die BA stellt offiziell die aktuellen Zahlen vor, wonach immer mehr freie Arbeitsstellen gemeldet würden. Der Rückgang der Arbeitslosenzahl auf 2,945 Millionen ist der niedrigste Stand seit 18 Jahren.

Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt hat sich im Oktober auch bei der Entwicklung der freien Stellen bemerkbar gemacht. Wie die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilte, gab es zuletzt 401.000 freie Arbeitsstellen, von denen 88 Prozent sofort zu besetzen waren. Im Vergleich zum Oktober des Vorjahres bedeutete dies eine Erhöhung des Bestands freier Stellen um 103.000.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise führte wie zuvor Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Rückgang der Arbeitslosenzahl auf unter drei Millionen auf die anziehende Konjunktur zurück. "Der Arbeitsmarkt profitiert von der guten Konjunktur. Die Arbeitslosigkeit sinkt, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Erwerbstätigkeit wachsen weiter kräftig und die Nachfrage nach Arbeitskräften ist hoch", sagte Weise bei der Vorlage des monatlichen Arbeitsmarktberichts. Die wesentlichen Zahlen daraus – darunter den Rückgang der Arbeitslosenzahl auf 2,945 Millionen und damit den niedrigsten Stand seit 18 Jahren – hatte von der Leyen bereits am Vortag veröffentlicht.

Von der Leyen hatte den Erfolg nur würdigen wollen.

Von der Leyen hatte den Erfolg nur würdigen wollen.

(Foto: dpa)

"Das ist ein ganz großer Erfolg für die Menschen", hatte von der Leyen gesagt. Der Aufschwung und die gute Arbeit der Jobcenter zahlten sich aus. Die Regierung wolle diesen historischen Erfolg aber nicht nur feiern, sondern die verbleibenden Arbeitslosen schnell in Arbeit bringen. Eine große Herausforderung bleibe der Fachkräftemangel.

Ihr Kabinettskollege Rainer Brüderle brachte das neue Ziel von Schwarz-Gelb in seiner gewohnt launigen Art auf den Punkt: "Wir sind auf der Schnellstraße zur Vollbeschäftigung", sagte der Wirtschaftsminister. Davon konnten frühere Regierungen nur träumen - jetzt könnte der XXL-Aufschwung helfen, viele Rekorde zu brechen.

Erstaunen in der BA

In Kreisen der Bundesagentur für Arbeit hatte die vorzeitige Veröffentlichung der Arbeitsmarktzahlen für Überraschung gesorgt. Für gewöhnlich behält sich die Bundesagentur-Führung die Veröffentlichung der Daten vor. Der dafür langfristig festgesetzte Termin ist europaweit mit Arbeitsverwaltungen anderer Länder abgestimmt. Auf entsprechende Journalistenfragen sagte die Ministerin, sie habe nur den arbeitsmarktpolitischen Erfolg mit ihrem Auftritt würdigen wollen.

Grüne widersprechen der Statistik

Die Grünen kritisierten, von der Leyen rechne nicht sauber: "Die magische Drei-Millionen-Grenze kann sie nur knacken, weil sie mit statistischen Tricks arbeitet", sagte die Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer. Rund 185.000 Menschen tauchten nur deswegen in der Statistik nicht auf, weil sie von privaten Vermittlern betreut würden.

"80.000 Ältere sind aus der Statistik verschwunden, weil ihnen ein Jahr lang kein Beschäftigungsangebot gemacht werden konnte." Unter dem Strich seien es mindestens 265.000 Arbeitslose, "die in den frisierten Bilanzen von Frau von der Leyen nicht auftauchen", sagte Pothmer.

Bald unter zwei Millionen Arbeitslose?

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Experten erwarten nun, dass Zahl der Arbeitslosen noch viel weiter sinken wird: Schon 2012 auf unter zwei Millionen. "Wenn der Abbau der Arbeitslosigkeit sich in diesem Tempo fortsetzt, könnte die nächste Millionenmarke schon im Oktober oder November 2012 geknackt sein", sagte Hilmar Schneider, Arbeitsmarktdirektor am Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit in Bonn, der Tageszeitung "Die Welt". Die Hartz-IV-Reform habe eine positive Wirkung, die sie vor allem bei Arbeitslosen, die gerade ihre Stelle verloren hätten, entfalte. Diese Menschen machten Zugeständnisse, um wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen, "auch wenn er etwas schlechter bezahlt ist als der alte", sagte Schneider.

Auch der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, Michael Hüther, hält in einem Gespräch mit der "Passauer Neuen Presse" weniger als zwei Millionen Arbeitslose für möglich. "Die Zwei-Millionen-Marke, also etwa fünf Prozent Arbeitslosenquote, sind erreichbar." Dabei mache sich auch der demografische Wandel bemerkbar. "Wir sind in einem Markt, in dem zusehends nicht mehr Mangel an Arbeit herrscht, sondern an Arbeitskräften", sagte Hüther. Zwar versuche Deutschland bereits, die Zahl der Erwerbstätigen auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu steigern. Notwendig sei aber auch "qualifizierte Zuwanderung".

Weniger Überweisungen an die BA

Nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) muss der Bund bereits in diesem Jahr weniger Geld als geplant an die Bundesagentur für Arbeit (BA) überweisen. Einer Berechnung der Forscher für das "Handelsblatt" zufolge sei im laufenden Jahr ein Bundeszuschuss von 5,2 Milliarden Euro nötig. "Insgesamt wird das BA-Defizit 8,1 Milliarden Euro betragen", sagte IfW-Finanzexperte Alfred Boss. Davon könne die BA 2,9 Milliarden Euro aus eigenen Rücklagen finanzieren. Für das kommende Jahr sei bei der BA ein Haushaltsloch von etwa vier Milliarden Euro zu erwarten, ein Jahr später könnten es noch 2,5 bis drei Milliarden Euro sein, erklärte Boss.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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