Annäherung auf der geteilten Insel Zyperns Präsidenten für Wiedervereinigung
11.02.2014, 16:14 Uhr
Nikos Anastasiades (links), Präsident des griechischsprachigen Südteil Zyperns und sein türkischsprachiger Amtskollege, Dervis Eroglu, nennen die Teilung ihrer Insel "nicht hinnehmbar".
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Die Wirtschaftskrise bringt Bewegung in den Zypern-Konflikt. Nach knapp zwei Jahren treffen sich Delegationen des türkischen und des griechischen Teils der Insel erstmals wieder zu Gesprächen - und wollen "so schnell wie möglich" eine Wiedervereinigung.
Vertreter des griechischen und des türkischen Teil Zyperns haben 40 Jahre nach der Teilung der Insel einen erneuten Anlauf gestartet, auf diplomatischem Wege eine Wiedervereinigung zu erreichen. Der Präsident des griechischen Inselteils, Nicos Anastasiades, und sein türkisch-zyprischer Kollege, Dervis Eroglu, nannten nach den ersten Gesprächen dieser Art seit gut anderthalb Jahren das Ziel, die Teilung ihrer Insel "so schnell wie möglich" zu überwinden. Angestrebt wird dabei ein föderales Modell, welches beiden Landesteilen die gleichen Rechte zuweist.

Grenzübergang "Ledra Palace" in Nikosia. Im Jahr 2013 feierte die Türkische Republik Nordzypern ihr 40-jähriges Bestehen - außer ihr selbst erkennt dies jedoch lediglich die Türkei an.
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In der gemeinsamen Erklärung der beiden Präsidenten hieß es, dass die derzeitige Situation "nicht hinnehmbar" sei und eine Lösung des Konflikts "positive Auswirkungen auf die gesamte Region" haben würde. Anastasiades und Eroglu sprachen sich für die baldige Festlegung eines Fahrplans zur Wiedervereinigung aus, an dessen Ende Referenden im Nord- und Südzypern stehen sollen. Die Erklärung wurde von der UN-Zypernbeauftragten Lisa Buttenheim verlesen, nachdem die Vereinten Nationen die beiden Konfliktparteien zu einer Wiederaufnahme der Gespräche gedrängt hatten.
Die angestrebte Föderation würde den griechischen Süd- und sowie den türkischen Nordteil unter einem politischen Dach zusammenfassen. Dabei solle Zypern nach außen als geeinter und souveräner Staat auftreten, während im Inneren beide Landesteile eine eigene Verwaltung beibehielten.
Steinmeier lobt "politischen Mut"
Die beiden Delegationen trafen sich am Flughafen der Hauptstadt Nikosia, dessen Stilllegung wegen der Teilung der Stadt die Probleme des Konfliktes symbolisiert. Eine weitere Verhandlungsrunde wurde für die kommende Woche angekündigt. Bereits im Jahr 2004 hatten beide Inselteile über eine Wiedervereinigung abgestimmt. Doch während der türkische Teil damals dem Plan des ehemaligen UN-Generalseketärs Kofi Annan zustimmte, lehnte ihn der griechische Teil ab.
Die EU reagierte wohlwollend auf die Annäherung der seit 1974 geteilten Insel. Die Erklärung biete eine "solide Grundlage" für eine "umfassende, gerechte und dauerhafte Regelung". "Endlich kommt es zu neuer Dynamik in der Zypernfrage", sagte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Der SPD-Politiker lobte die beiden zyprischen Präsidenten für ihren "politischen Mut" und die Bereitschaft, ein Ende des Konfliktes herbeizuführen. Die "willkürliche Trennung" sei "nicht nur eine Belastung für die Zyprer, sondern auch für die Lage in der Region".
Die strategisch bedeutende Mittelmeerinsel erlangte 1960 die Unabhängigkeit von Großbritannien. Im Juli 1974 besetzte die Türkei den Nordteil, nachdem griechisch-zyprische Nationalisten den damaligen Präsidenten, Erzbischof Makarios III., gestürzt hatten. Der Nordteil erklärte sich 1983 unter dem Namen "Türkische Republik Nordzypern" für unabhängig, wird jedoch nur von der Türkei anerkannt. Noch heute hat Ankara in Nordzypern rund 35.000 Soldaten stationiert. Im Zusammenhang mit den EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei stellt die Rolle des Landes im Zypern-Konflikt eines der zentralen Hindernisse dar.
Wirtschaftskrise bringt Bewegung in den Konflikt
Der südliche Teil ist hingegen unter dem offiziellen Namen Republik Zypern bereits Teil der EU und der Eurozone. Derzeit steckt der griechische Teil allerdings in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise und ist seit dem vergangenen Jahr von Krediten anderer Euro-Staaten abhängig. Die Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank bescheinigte dem Land jedoch unlängst Fortschritte bei seinen Reformbemühungen. Die für 2013 angestrebten Haushaltsziele seien in beachtlichem Umfang erreicht worden.
Die Verwerfungen der Wirtschaftskrise dürften den Druck bei den jetzt wiederaufgenommenen Verhandlungen dennoch erhöht haben. Zudem befinden sich vor der Südküste Zyperns bedeutende Gas- und Öllagerstätten, deren sichere und friedliche Ausbeutung jedoch eine Überwindung des Konfliktes voraussetzt. Zudem wäre eine Integration der Türkei in diesem Zusammenhang erstrebenswert, da die nahen Häfen an der türkischen Mittelmeerküste einen potentiellen Umschlagplatz für die fossilen Reichtümer böten.
Ungeachtet der jüngsten Erfolgsmeldungen bleiben viele Beobachter skeptisch, dass die Gespräche dieses Mal zu einer Einigung führen werden, da es in der Vergangenheit zu viele Enttäuschungen gegeben habe. Aber erstmals seit langem, so ein Berater aus dem Umfeld der Verhandlungen, gebe es Anlass für eine kleine Spur Optimismus.
Quelle: ntv.de, bwe/AFP/rts/DJ