Politik

"Irland ist ungehobelt" Entschuldigung bleibt aus

Der deutsche Botschafter in Dublin sorgt für Irritationen. Irland sei "ein ungehobelter Ort mit einer traurigen Geschichte, wo die Ureinwohner besessen von Geld sind", fasst eine Zeitung eine Rede des Diplomaten zusammen. Entschuldigen will der Botschafter sich nicht. Dennoch gibt es Beifall auch von Iren.

Mit abfälligen Bemerkungen über Irland hat der deutsche Botschafter in Dublin für Irritationen gesorgt. In einer Rede bezeichnete Botschafter Christian Pauls Irland als "ungehobelt" und übte scharfe Kritik am öffentlichen Dienst des Landes. Entschuldigen will er sich nicht.

Das Außenministerium in Dublin reagierte mit einem "mündlichen Schlag auf die Finger", schrieb der "Irish Independent". Seine Bemerkungen seien "falsch, fehlinformiert und unpassend" gewesen, ließ der irische Außenminister Dermot Ahern dem Botschafter ausrichten. Pauls dagegen habe betont, das zentrale Anliegen seiner Rede sei gewesen, dass Irland seine derzeitige wirtschaftliche Situation nicht allein dank finanzieller Hilfe aus Brüssel erreicht habe.

"Die Dolmetscherin ist schuld"

Im irischen Fernsehsender RTÉ sagte Pauls, er verstehe die verärgerten Reaktionen, könne sich aber nicht entschuldigen, da er von der Dolmetscherin falsch übersetzt worden sei. "Ich stehe als kompletter Idiot da", so Pauls, "aber ich denke nicht, dass ich einer bin."

Pauls hielt seine offenbar teilweise ironisch gefärbte Rede vor 80 potentiellen Investoren aus Deutschland in Dublin. Die deutsche Botschaft bemühte sich, den Streit zu entschärfen. "Der Botschafter wollte keinesfalls die Gefühle der Iren verletzen", sagte Presseattach Reinhold Herber gegenüber n-tv.de. Die Rede sei frei gehalten worden, ein Manuskript gebe es nicht. Die in der Presse veröffentlichten Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben worden. Allerdings habe es auch "Zustimmung von irischen Bürgern" gegeben.

"Überwältigender Pragmatismus"

Außerhalb der irischen Politik sind die Reaktionen auf die Rede tatsächlich nicht durchweg ablehnend. Die Kommentare in der Online-Ausgabe des "Independent" sind eher zustimmend. In einem der ersten heißt es: "Die Deutschen haben einen Pragmatismus, der gelegentlich recht überwältigend sein kann."

Ein Gewährsmann aus Cork sagte gegenüber n-tv.de, der Botschafter habe leider völlig Recht, und auch die meisten Radio-Kommentatoren in Irland stimmten ihm zu. "Allerdings sollte man sich als Botschafter vermutlich weniger deutlich äußern."

"Besessen von Geld"

Laut "Irish Independent" sagte Pauls in seiner 15-minütigen Rede, Irland sei ein "ungehobelter Ort", Staatssekretäre verdienten in Irland mehr als die Bundeskanzlerin, 20 Prozent der Bevölkerung arbeite im öffentlichen Dienst, die Wartelisten von Krankenhäusern seien "chaotisch" und würden in keinem anderen Land toleriert werden, Lohnforderungen seien zu hoch und die Einwanderungspolitik sei falsch. Irland habe nichts von Deutschland und den nordischen Ländern gelernt. Die "Times" fasste die Rede ein wenig kürzer zusammen: Nach Auffassung des deutschen Botschafters sei Irland "ein ungehobelter Ort mit einer traurigen Geschichte, wo die Ureinwohner besessen von Geld sind".

Peinlicherweise war bei der Rede auch mindestens ein Ire anwesend: der Europaabgeordnete Bay Mitchell. Einige Bemerkungen hätten vielleicht ein Quäntchen Wahrheit enthalten, aber andere seien "verrückt" und aus dem Zusammenhang gerissen gewesen, sagte Mitchell RTÉ. "Wenn ich Minister wäre und eine ähnliche Rede in Deutschland gehalten hätte, würde sich der gesamte diplomatische Dienst fragen, wie ich von der Leine entwischt bin", erklärte Mitchell.

Quelle: ntv.de, hvo

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