Politik

Gericht dreht NRW den Geldhahn ab Röttgen wettert, Kraft wehrt ab

Norbert Röttgen würde als Spitzenkandidat antreten.

Norbert Röttgen würde als Spitzenkandidat antreten.

(Foto: dpa)

In Nordrhein-Westfalen steht die Landesregierung auf wackeligen Füßen, eine absolute Mehrheit hat Rot-Grün nicht. Ein Gericht gibt der Opposition aus CDU und FDP jetzt vorerst recht und kippt den Nachtragshaushalt für das Jahr 2010. Ministerpräsidentin Kraft schiebt die Schuld auf die Vorgängerregierung - und CDU-Landeschef Röttgen wittert seine Chance. Trotz schlechter Umfrageergebnisse.

Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen hat im Verfassungsstreit um ihr bislang wichtiges Gesetz eine Teilniederlage hinnehmen müssen. Auf Antrag der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP stoppte das Landesverfassungsgericht in Münster per einstweiliger Anordnung den Vollzug des Nachtragsetats 2010, der eine Rekordverschuldung von 8,4 Milliarden Euro vorsieht. Die Entscheidung ist ein einmaliger Vorgang in der Landesgeschichte.

Außerdem soll die Landesregierung bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit keine weiteren Kredite auf der Basis des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 aufnehmen. Am 15. Februar will das Gericht dann mündlich verhandeln. Der unmittelbar bevorstehende Haushaltsabschluss solle um wenige Wochen hinausgeschoben werden, "um vollendete Tatsachen zu verhindern", so das Gericht.

Röttgen: "Stehen bereit"

Hannelore Kraft, gelassen.

Hannelore Kraft, gelassen.

(Foto: dapd)

Der CDU-Landeschef in Nordrhein-Westfalen, Norbert Röttgen, fordert trotz der Verfassungsgerichts-Niederlage für die rot-grüne Landesregierung vorerst keine Neuwahlen in Düsseldorf. "Die Regierung soll sich verfassungskonform verhalten oder sagen, sie ist gescheitert", sagte der Bundesumweltminister im Bundestag. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts sei eine "wirkliche Sensation". Die Aufstellung des Haushalts habe die Ignoranz und Überheblichkeit der Landesregierung gezeigt, sagte Röttgen. Dem Gericht sei "der Geduldsfaden gerissen". "Jetzt ist die Regierung am Zug."

Bei der Frage nach Neuwahlen hielt sich Röttgen bedeckt und betonte, die Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) müsse jetzt zunächst einen haushaltspolitischen Neuanfang machen und neue Etats für 2010 und 2011 vorlegen. Erst wenn sie damit scheitere, "sind wir beim Thema Neuwahlen", betonte der CDU-Landeschef. Er stellte klar: "Wir stehen bereit." Selbstverständlich würde er als Spitzenkandidat antreten, sollte die rot-grüne Minderheitsregierung scheitern. "Es war keine Frage von Mehrheiten, die sich nicht gefunden hat, sondern sie hat sich vielleicht nicht an die Verfassung gehalten", sagte Röttgen.

Allerdings dürfte die Landtagsopposition aus CDU und FDP Neuwahlen angesichts der Umfrageergebnisse scheuen. Danach könnten SPD und Grüne auf eine Mehrheit hoffen. Die FDP müsste um den Wiedereinzug in das Parlament bangen.

Kraft sagte, der Nachtragshaushalt sei die Endabrechnung der im Mai abgewählten schwarz-gelben Landesregierung. Er enthalte noch keine Elemente rot-grüner Politik. Diese würden erst mit dem Haushalt 2011 umgesetzt. Neuwahlen seien nur eine "theoretische Option", sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf die dazu notwendige Mehrheit im Landtag. Von CDU und FDP habe sie nichts gehört, was auf eine Zustimmung zu Neuwahlen deute, sagte Kraft, die an der Spitze einer Minderheitsregierung mit den Grünen steht. Wie Kraft versicherte auch die grüne Vize-Regierungschefin Sylvia Löhrmann, das Bündnis sei "voll handlungsfähig".

Turbulenzen drohen

Kasse zu: Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD)

Kasse zu: Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD)

(Foto: dapd)

Der Nachtragsetat für das vergangene Jahr gilt als bislang wichtigstes Gesetzesvorhaben, das die rot-grüne Landesregierung mit Hilfe der Linken im Düsseldorfer Landtag durchsetzen konnte. SPD und Grünen fehlen im Landesparlament eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Das Gesetz war Angaben der Minderheitsregierung zufolge auch nötig geworden, um Vorsorge für riskante Investments der WestLB zu bilden. Sollte Rot-Grün mit dem Nachtragsetat vor dem Verfassungsgericht scheitern, könnte dies die Landesregierung in schwere Turbulenzen bringen. Der Etat konnte im Dezember vergangenen Jahres nur deshalb verabschiedet werden, weil drei CDU-Abgeordnete - darunter auch Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers - bei der Abstimmung gefehlt hatten.

Der Verfassungsgerichtshof folgte nicht der Argumentation der Landesregierung, der Nachtragshaushalt 2010 sei bereits vollzogen und Umbuchungen in Sondervermögen könnten nicht mehr zurückgebucht werden. "Auch eine Gefahr für die Handlungsfähigkeit der Regierung oder eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nach Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs mit der Anordnung nicht verbunden", hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. "Ohne ihren Erlass wäre hingegen konkret zu befürchten gewesen, dass zwischenzeitlich auf der Grundlage einer möglicherweise verfassungswidrigen Ermächtigung Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen worden wären.

Quelle: ntv.de, rpe/AFP/rts/dpa

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