"Eisbrecher" und Pragmatiker 10 Jahre Kulturminister
29.10.2008, 11:27 UhrDie Kanzlerin war schon gegangen, als sich ihr Kulturstaatsminister öffentlich für eine zweite Amtszeit empfahl. "Die Arbeit macht mir jetzt Spaß, da fände ich es eigentlich schade, wenn ich sie jetzt beenden sollte", meinte der 66-jährige CDU- Politiker Bernd Neumann auf dem Festakt der Bundesregierung in Berlin zum Jubiläum "10 Jahre Kulturstaatsminister", ein Amt, das von der Regierung Gerhard Schröder (SPD) im Herbst 1998 geschaffen und damals mit Michael Naumann besetzt wurde.
Der Publizist und Verleger war der erste "Quereinsteiger", dem noch der Philosoph Julian Nida-Rümelin (SPD) und die Literaturwissenschaftlerin Christina Weiss (parteilos) folgten, bis der "Vollblutpolitiker" Bernd Neumann (CDU) im November 2005 ins Amt kam.
Unterschiedliche Erfahrungen
Bemerkenswert waren an diesem Abend auch die unterschiedlichen Erfahrungen und Erzählungen aller vier Kulturpolitiker, zum Beispiel wie man überhaupt dazu kam, Kulturstaatsminister zu werden. "Ich persönlich habe mich nicht beworben und hätte es später vielleicht auch nicht mehr gemacht nach Kenntnis der Umstände des Amtes", meinte Naumann, der auch SPD-Spitzenkandidat bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg im vergangenen Februar war. "Aber als damals der Anruf von Schröder kam, habe ich einfach Ja gesagt."
Der heutige Amtsinhaber und "parlamentarische Strippenzieher" Neumann verblüffte die von Goethe-Präsident Klaus-Dieter Lehmann geführte Gesprächsrunde und das Publikum im Lichthof des Martin-Gropius-Baus mit dem freimütigen Bekenntnis: "Ich muss Sie enttäuschen, ich bin nicht angerufen worden, ich habe angerufen." Er sei ja lange Jahre im Bundestagskulturausschuss tätig gewesen und als Norbert Lammert (CDU) nicht Kulturstaatsminister, sondern Bundestagspräsident wurde, habe man diskutiert, "wer denn jetzt in Frage käme - und da kam ich auf mich selbst". Das habe er Merkel auch gesagt, "und zurückhaltend, wie sie manchmal ist, meinte sie, ja, sie würde mich mit einbeziehen in ihre Überlegungen. Und zwei Tage vor der Kanzlerwahl hörte ich abends in den Nachrichten, dass ich es werden soll."
Ein anfangs fremdes Milieu
Die langjährige Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss machte "Freudensprünge, als ich hörte, dass die Kultur im Bund endlich eine herausgehobene Rolle spielen soll, bis ich dann merkte, dass sich andere Föderalisten darüber nicht so sehr freuten wie zum Beispiel die Bayern". Sie plädierte wie auch Nida-Rümelin, der noch zu wenig Spielraum und zu viel "Fremdbestimmung" im jetzigen Staatsministeramt sieht, für ein eigenes Bundeskulturministerium. "Es brauchte in dem Amt Eisbrecher wie Naumann und Nautiker, wie ich mich auch gesehen habe", meinte Nida-Rümelin, der sich gerne auch als Ordnungspolitiker sah.
Bevor Neumann an dem Abend sein offenherziges Bekenntnis für eine zweite Amtszeit ablegte, erinnerte er sich ebenso freimütig auch an seinen Einstieg in das ihm anfangs noch fremde Milieu "der Feuilletonisten - das ist ja eine besondere journalistische Spezies, die schreiben eigentlich nur Kommentare und ihre Meinungen", mokierte sich der gestandene Politiker und langjährige Bremer CDU- Landesvorsitzende. "Da dachte ich anfangs schon mal darüber nach, ob ich mir das überhaupt antun müsse. Ich passte nicht in die Vorstellung der Feuilletonisten zu Beginn meiner Amtszeit. Aber das änderte sich ja dann, sie änderten ihre Meinung, und das muss man ihnen auch zugute halten, dass sie das auch können, und es fing an, mir Spaß zu machen. Also fände ich es eigentlich schade, wenn ich das jetzt beenden sollte."
Quelle: ntv.de, Wilfried Mommert, dpa