Unmut in USA über Berlin wächst Aber nichts gegen Merkel
09.02.2007, 16:17 UhrIn der US-Hauptstadt wachsen Unmut und Zorn über den Einsatz der deutschen Truppen in Afghanistan. Aber die Regierung von US-Präsident George W. Bush verliert zumindest öffentlich kein einziges kritisches oder gar böses Wort gegen die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel. "Berlin ist zum derzeit gewichtigsten Partner der USA in Europa geworden", meinte ein europäischer Diplomat und verwies nicht nur auf die deutsche EU-Präsidentschaft, sondern auch auf die anstehenden Führungswechsel in Frankreich und Großbritannien sowie die US-kritischen Regierungen in Madrid und Rom. Bush sei heilfroh, in Merkel einen berechenbaren und verlässlichen Partner gefunden zu haben.
Viele US-Politiker könnten es würdigen, dass es angesichts der deutschen Geschichte inzwischen überhaupt ein militärisches Engagement Berlins weltweit gebe, betonte der renommierte Politik-Wissenschaftler James Phillips von der konservativen "Heritage Foundation" in Washington. Deswegen gebe es auch offiziell vor allem anerkennende Äußerungen von Seiten der US-Regierung.
Vor allem hinter den politischen Kulissen der US-Hauptstadt aber wachse die Verärgerung über den NATO-Partner Deutschland. "Afghanistan ist ein extrem wichtiger Testfall für die NATO", so Phillips. Dort finde ein "richtiger Krieg" statt und "nicht eine Art bürokratische Polizeiaktion", die man mit links erledigen könnte. Deutschland sei derzeit "hilfreich, könnte aber viel hilfreicher sein", glaubten viele US-Politiker.
Offene Kritik an Deutschland sowie Frankreich und Italien gibt es vor allem im US-Kongress. "Mit den Entschuldigungen muss nun Schluss sein", forderte der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses, der Demokrat Tom Lantos. Es könne nicht sein, dass Deutsche und Franzosen sich raushielten aus den blutigen Kämpfen gegen die Taliban im Süden Afghanistans. Die USA sollten ihre Allianz mit Partnern, die sich bei den Kämpfen in Afghanistan verweigerten, "überdenken".
Der Vorsitzende des Streitkräfte-Ausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Ike Skelton, warf den NATO-Partnern offen vor, "nicht genug zu tun". Es sei nicht akzeptabel, das Alliierte in Afghanistan ihre Zusagen nicht einhielten und dass es noch immer nationale Einsatz-Restriktionen gebe -womit vor allem Deutschland gemeint war. Auch Ex-NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark forderte mehr Militäranstrengungen Deutschlands -und den Einsatz deutscher Truppen auch Süden Afghanistans. Die unterschiedlichen Regeln für jedes NATO-Land seien eine "enorme Schwachstelle", sagte der Demokrat mit deutlicher Anspielung auf die Zurückhaltung der Deutschen.
Aber auch die Konservativen erhoffen sich mehr von Kanzlerin Merkel: "Deutschland sollte Europa hin zu einem höheren Niveau von Militärausgaben führen", kommentierte jüngst die konservative "Washington Times". Angesichts der wachsenden Gefahren wegen des "Islamo-Faschismus" müsse Deutschland "den verständlichen Widerwillen" gegen militärisches Können und Heldentum überwinden. "Die zivilisierte Welt braucht ein starkes und stark bewaffnetes Deutschland." Der bekannte evangelische Fundamentalist Gerald Flurry schrieb sogar: "Wenn Deutschland den Mantel des Pazifismus, in den es sich seit dem Weltkrieg gehüllt hat, zunehmend aufgibt, wird die Welt eine aufkommende Weltmacht sehen, die tatsächlich bereit ist für den Krieg."
US-Verteidigungsminister Robert Gates bleibt unbeirrt von der Deutschland-Kritik in seiner Heimat strikt bei Streicheleinheiten für Berlin. "Die Deutschen sind im Norden bedeutsam vertreten, und wir schätzen ihr Engagement. Sie leisten einen vollen Beitrag", sagte er. Zumindest für viele Demokraten im Kongress ist die Bush-Regierung viel zu diplomatisch und nachsichtig mit der Merkel-Regierung.
(von Laszlo Trankovits, dpa)
Quelle: ntv.de