Dossier

Irak bindet Notfall-Ausrüstung Alarm vor der Hurrikan-Saison

Schon im April schlug Gouverneurin Kathleen Sibelius Alarm. Sollte eine Naturkatastrophe ihren Staat Kansas heimsuchen, so warnte sie, könnten die Rettungs- und Aufräumarbeiten leiden, weil es an Ausrüstung fehle. Die, so die Demokratin, befinde sich nämlich im Irak.

Dann kam der Tornado, machte am vergangenen Wochenende praktisch die ganze Kleinstadt Greensburg dem Erdboden gleich. Sibelius sah sich in ihren Befürchtungen bestätigt. Der Mangel an schwerem Gerät habe die Such- und Bergungsarbeiten verzögert, beklagte sie bitter und fragte, was sich nun viele fragen: Wenn das schon bei einem Tornado so ist, was ist dann bei einem schweren Hurrikan zu erwarten?

Kansas steht nicht allein da. In fast allen US-Bundesstaaten haben die Kriege im Irak und in Afghanistan die Bestände der Nationalgarde für heimische Notfälle so ausgedünnt, dass sie im Fall einer Katastrophe daheim unzureichend reagieren kann. Sind gegenwärtig etwa 27.000 der insgesamt knapp 500.000 Nationalgardisten, die als "Bürger-Soldaten" eine Doppelfunktion als Militärreservisten und Katastrophenhelfer haben, im Irak eingesetzt, waren es zeitweise sogar noch mehr. Und die Einheiten nahmen zum größten Teil ihre Ausrüstung mit. Was daheim zurückgelassen wurde, ist überwiegend alt und abgenutzt, nicht gut genug für die Verwendung im Krieg.

Und fast nichts wird nach dem Ende des Einsatzes wieder in die USA zurückgebracht. "Was wir (in den Irak) mitgenommen haben, ist entweder verschlissen, (bei Anschlägen) in die Luft gejagt worden oder bleibt für die anderen Einheiten da", sagt Nationalgarde-Generalin Terry Scherling. "Der Krieg hat uns gezwungen, unsere Regale in unseren Garnisonen daheim leer zu räumen."

Mittlerweile sei die Ausrüstung daheim auf 40 Prozent dessen geschrumpft, was im Fall einer größeren Katastrophe benötigt werde, so hieß es erst im Januar in einem überaus kritischen Bericht der Kongressbehörde GAO. Vor den Anschlägen vom 11. September 2001 habe die Quote immerhin bei 75 Prozent gelegen. Bei 300 verschiedenen Ausrüstungsätzen, die im Fall von schwereren Naturkatastrophen benötigt würden, fehlt es der GAO zufolge an allen Ecken und Enden - von Radios über Nachtsichtbrillen bis hin zu Lastwagen. Ein besonders drastisches Beispiel: Nur noch zwei Prozent der im Krisenfall wichtigen Dieselgeneratoren sind bei der Nationalgarde vorrätig.

"50 Prozent unserer Lkws sind weg. Unsere Schaufelbagger sind weg. Uns fehlen Humvees, um die Menschen transportieren", klagte Sibelius nach dem Tornado im NBC-Fernsehen. "Und wir können sie nicht von anderen Staaten leihen, denn die haben auch keine Ausrüstung mehr. Im ganzen Land stehen die Staaten vor dem Problem, wie sie auf Katastrophen wie unsere (den Sturm) reagieren können." Und das gilt auch für das besonders hurrikangefährdete Florida, dessen Bestände für den Notfall laut GAO auf 53 Prozent geschrumpft sind. Die neue Hurrikan-Saison, die nach Voraussagen überdurchschnittlich viele schwerere Stürme bringen könnte, beginnt am 1. Juni.

Wie prekär die Lage ist, fasste der Chef der Nationalgarde, Steven Blum, erst im April in einer Kongressanhörung zusammen. "Können wir unsere Aufgabe erfüllen? Ja, das können wir", sagte der General. "Aber der Mangel an Ausrüstung bedeutet, dass es länger dauern wird, den Job zu versehen, und verlorene Zeit bedeutet Verlust an Menschenleben, und diese verlorenen Leben sind amerikanische Leben."

(Gabriele Chwallek, dpa)

Quelle: ntv.de

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