Dossier

Brisantes von Informant "F-1" Anschlag verhindert

Dass die spanische Polizei vor einer Woche in Barcelona eine islamistische Terrorzelle ausheben konnte, verdankt sie einem eingeschleusten Informanten. Nach Aussage dieses Mannes, der von den Ermittlern den Decknamen "F-1" erhielt, planten Komplizen der zehn nun in Untersuchungshaft sitzenden Pakistaner auch einen Anschlag in Deutschland. Den Namen eines potenziellen Selbstmordattentäters konnte der Informant zwar nennen, schrieb die spanische Zeitung "El Pas". Er berichtete auch, dass dieser einen Tag vor der Festnahme seiner Gesinnungsgenossen nach Frankfurt/Main gereist sei. Wo und wann er angeblich in Deutschland zuschlagen wollte, sei aber unbekannt.

Auch Frankreich, Großbritannien und Portugal seien Anschlagziele gewesen. "F-1" arbeitet nach Informationen der Zeitung "El Peridico de Catalunya" für den französischen Geheimdienst. Er soll sich für einen Dschihadisten ausgegeben und so das Vertrauen der Terroristen gewonnen haben, die der radikalen Missionierungsbewegung Tabligh-i Jamaat zugerechnet werden. Dies ging nach seiner Aussage so weit, dass er zu einem der insgesamt sechs Selbstmordattentäter der Zelle auserkoren wurde. Ursprünglich hätte er nach Frankfurt reisen sollen, im letzten Augenblick sei aber ein anderer geschickt worden.

Die Festgenommenen wollten nach seinen Angaben zunächst in der U-Bahn Barcelonas zuschlagen. Auf die Frage, warum die Metro das Ziel sei, habe einer der mutmaßlichen Terroristen geantwortet: "Weil die Rettungskräfte dort nur schwer hinkommen." Die Attentäter wollten demnach paarweise vorgehen. Einer sollte die Bombe in einem Rucksack in die U-Bahn bringen, der andere den Sprengsatz per Fernzündung detonieren - vermutlich um ein Scheitern zu verhindern, falls der Partner im letzten Moment den Mut verlieren sollte.

An der Aussage des Informanten haben die spanischen Behörden keinen Zweifel. "Er ist glaubwürdig", sagte Innenminister Alfredo Prez Rubalcaba. Zudem habe man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Damit sind die Anschläge des 11. März 2004 auf vier Pendlerzüge in Madrid gemeint. 191 Menschen starben damals, mehr als 1 800 wurden verletzt. Bei den Ermittlungen kam später heraus, dass vielen Hinweisen nicht oder nur halbherzig nachgegangen worden war.

Kritik an dem Vorgehen soll nun von Frankreich gekommen sein. Paris sei empört darüber, dass der Informant bei der Polizeiaktion in Barcelona enttarnt worden sei, heißt es in der Presse. Die spanischen Ermittler machten "F-1" nämlich zum geschützten Zeugen, er soll gegen die Mitglieder der Zelle aussagen. Der Mann wird nach seinem brisanten Einsatz rund um die Uhr bewacht. "Wir fürchten um sein Leben", wird ein spanischer Ermittler zitiert.

Ein wichtiges Teil des Puzzles fehlt den Fahndern nach den Festnahmen in Barcelona aber noch: der Sprengstoff. Bei den Hausdurchsuchungen wurden nur 30 Gramm Zellulosenitrat ("Schießbaumwolle") entdeckt. Die Ermittler vermuten nach den Informationen von "F-1" aber, dass die mutmaßlichen Terroristen irgendwo mehr als 100 Kilogramm Triacetontriperoxid (TATP) gelagert haben. Spuren davon wurden in ihrem Müll entdeckt. Dieser Sprengstoff, auch bekannt als "Mutter des Satans", wurde etwa bei den Anschlägen in London im Juli 2005 eingesetzt. Er lässt sich aus Chemikalien mischen, die in Abflussreinigern, Haarbleichmitteln und Nagellackentfernern enthalten sind.

Konkreteres konnte der Informant der Polizei über den Ursprung der Attentatspläne sagen. Der Auftrag soll von dem pakistanischen Extremistenführer Baitullah Mehsud gekommen sein. Er ist der Anführer der dortigen Taliban-Bewegung, soll enge Verbindungen zum Terrornetz El Kaida haben und wird von der Regierung in Islamabad des Mordes an der Oppositionsführerin Benazir Bhutto beschuldigt. Mehsud sollte die Verantwortung der Anschläge im Namen El Kaidas übernehmen, wie es heißt.

von Jörg Vogelsänger, dpa

Quelle: ntv.de

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