Der Schwarm aller Melkerinnen Auf den Spuren von Viktor Subkow
14.09.2007, 20:50 UhrAls der neue russische Regierungschef sein Amt antrat, rieb sich die politische Elite verwundert die Augen. "Dieser kleine, unscheinbare Mann soll die große Aufgabe stemmen?", fragten sich viele. Der Neue gab sich alles andere als bescheiden und meldete auch gleich noch Anspruch auf das Präsidentenamt an. Das war 1999. Der unbekannte Aufsteiger hieß Wladimir Putin. Acht Jahre später schließt in Moskau niemand mehr aus, dass Putins Zögling Viktor Subkow ein ähnlicher Karrieresprung über das Amt des Regierungschefs hinaus gelingen könnte.
Ebenso wie Putin rückt Subkow als ein "Mister Nobody" an die Spitze der Regierung. Bei seinem 66. Geburtstag an diesem Samstag hat er doppelt Grund zu feiern. Die Bewährungsprobe in der Staatsduma überstand er wie erwartet schadlos. Mit einer Fünfsechstel-Mehrheit winkten die Abgeordneten den überraschenden Personalvorschlag aus dem Kreml durch.
Erst nach der Bestätigung durch die Duma lobte Präsident Putin seinen einstigen Mitarbeiter in der Stadtverwaltung von St. Petersburg als "höchst anständig und professionell". Zu Sowjetzeiten habe Subkow immerhin einen der erfolgreichsten staatlichen Agrarbetriebe (Sowchose) geleitet.
Deutlich blumiger fielen die Berichte über Subkows bisheriges Schaffen in den kremltreuen Tageszeitungen aus. Journalisten trugen aus seinem längst verfallenen Heimatdorf, der Sowchose im Leningrader Gebiet und der Fakultät für Agrarökonomie die Erinnerungen seiner Weggefährten zusammen. Die Artikel gleichen jenen Porträts, mit denen schon zu Sowjetzeiten die neuen Vorsitzenden des Ministerrates dem Volk nahegebracht wurden.
Subkows einstige Mitarbeiter aus der Sowchose "Rote Slawin" sind auch drei Jahrzehnte später noch voller Begeisterung für ihren damaligen Chef. "Früher standen wir auf unserer Sowchose immer bis zu den Knien im Matsch", erinnert sich die Melkerin Alexandra Busuwerowa in der kremlnahen Zeitung "Iswestija". Kaum habe Subkow dort angefangen, sei schon alles asphaltiert worden. Eine Kollegin, Nadeschda Kossar, war vor allem vom Äußeren des jungen Subkow angetan: "So ein junger, ansehnlicher Chef. Alle Melkerinnen waren in ihn verliebt."
Die Sekretärin Anna Minajewa behielt Subkow "als pedantischsten aller Chefs" in Erinnerung. "Er hasste Unordnung. Auf seinem Schreibtisch lagen immer nur ein Bleistift und ein weißes Blatt Papier", berichtete die heutige Rentnerin in den russischen Medien.
In den Jahren in der Stadtverwaltung von St. Petersburg soll Subkow aufs Beste mit seinem damaligen Chef, dem elf Jahre jüngeren Putin, harmoniert haben. Putin war es auch, der seinen Mitarbeiter zur Jahrtausendwende mit in die Hauptstadt zog.
Über Subkows Arbeit in Moskau als stellvertretender Finanzminister und Chef der Behörde für Finanzkontrolle schweigen sich die Kremlblätter aus. Anderswo lassen sich widersprüchliche Einschätzungen finden. Subkow habe wesentlich dazu beigetragen, dass Russland von der Schwarzen Liste der Geldwäsche-Nationen gestrichen worden sei, urteilten Analysten der Moskauer Investmentgesellschaft Aton. Die Wirtschaftszeitung "Kommersant" schrieb dagegen, Subkows Behörde sei in den Jahren ihres Bestehens eigentlich durch nichts aufgefallen, außer durch ihre ständigen Reibereien mit der Zentralbank.
Von Stefan Voß, dpa
Quelle: ntv.de