Misstrauen und Angst gesät Brand ist sozialer Zündstoff
07.02.2008, 17:51 UhrIn Scharen besuchen Ludwigshafener das Unglückshaus, in dem am Fastnachtssonntag bei einem Brand neun Menschen ums Leben kamen. Die Stimmung in der Menge ist angespannt. Die Meinungen sind gespalten. Als ein Mann einen Feuerwehrmann bespuckt, schreit eine türkische Frau: "Das ist nicht unsere Art! Schämt euch! Wie stehen wir denn da?" Dann mischen sich mehrere Männer ein, beschimpfen die Frau und rufen, dass sie diese Ungerechtigkeit nicht über sich ergehen lassen wollen.
Andere stehen nur still da und blicken auf das vierstöckige Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite, dessen Dach fast vollständig abgebrannt ist. Blumen stecken an den Zäunen, die die Brandstätte abgrenzen. Einige Männer stellen eine türkische Flagge am Zaun auf. Daneben hängt schwarz-rot-gold. Unterdessen geht in der Ruine die Suche nach der Ursache weiter.
Heimlicher Hass
"Wir sind erschüttert, dass neun Menschen ums Leben gekommen sind", sagt Nimet, die mit einigen Freundinnen um die Opfer trauert. "Ich sehe nur das, was die Nachrichten erzählen." Und sie verfolgt sowohl deutsche als auch türkische Sender. "Wir sind einfach misstrauisch. Es mischen viele Vorurteile mit. Aber wir müssen abwarten, was die Untersuchungen ergeben. Vorher können wir uns keine Schlüsse erlauben." Der Gedanke, dass Rechtsradikale den Brand gelegt haben könnten, macht ihr allerdings Angst.
Thomas Staacke, der in einem gegenüberliegenden Gebäude arbeitet, sagt: "Was mir schwerfällt zu glauben ist, dass das Treppenhaus so schnell ohne fremdes Zutun abbrennt. Ich denke, es war Brandstiftung. Ich bin der Überzeugung, dass es keine Neonazis waren, sondern jemand, der still und heimlich seinen Hass gegen Ausländer hat." Das Misstrauen von Türken gegen die deutschen Behörden sei nachvollziehbar. "Die Deutschen fühlen sich als Opfer, weil ein Helfer angegriffen wurde. Man muss sich aber auch mal in die Lage der Ausländer versetzen", sagt Staacke. "Ich möchte auch endlich wissen, wie das hier zustandegekommen ist."
Mit höchster Sensibilität
Außerdem ist Staacke der Ansicht, dass unter anderem die Ausländerpolitik des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) die Gemüter stark erhitzt hat. Viele Türken in Ludwigshafen sehen das ähnlich. Der Taxifahrer Yusuf Bozkurt sagt: "Ich bin der Meinung, dass der Missbrauch von Minderheiten für Wahlkämpfe Grund für diese Emotionalität und die Vorurteile sind." Jetzt liege es bei der Politik, die Wogen zu glätten. "Die Politiker müssen nun sehr sensibel und vorsichtig reagieren."
Als gutes Beispiel nennt der Taxifahrer Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU), die mit der Absage aller Festveranstaltungen nach dem Brand richtig gehandelt habe. "Das zeigt, dass sich die Deutschen von dem Vorfall betroffen fühlen."
Von Arda Cankara, dpa
Quelle: ntv.de