Truppenabzug aus dem Irak Britische Firmen sollen kommen
30.04.2009, 16:39 UhrDie Phase der Terrorbekämpfung im Irak neigt sich dem Ende zu, die Phase des Wiederaufbaus wird jetzt eingeläutet. Das ist die Botschaft, die Regierungschef Nuri al-Maliki und die irakische Führung an diesem symbolträchtigen Frühlingstag vermitteln wollen. Doch so recht will ihnen das nicht gelingen. Zwar beenden die britischen Truppen nun in der Hafenstadt Basra offiziell ihren Kampfeinsatz im Irak. Gleichzeitig wirbt Al-Maliki in London bei britischen Firmen für Investitionen in seinem Land.
Doch der Terror ist im Irak noch lange nicht gebannt und er ist auch das Haupthindernis für westliche Firmen, die im Irak investieren wollen. In Bagdad wurden wenige Stunden vor der Abschiedszeremonie des britischen Militärs 50 Menschen Opfer von Terroranschlägen. In der vergangenen Woche waren es insgesamt mehr als 150 Todesopfer. "Die Rückkehr der Explosionen" lautet die Schlagzeile einer irakischen Zeitung am Tag des Abzugs der Briten. Während Al-Maliki in London erklärt, nur wirtschaftliche Fortschritte könnten die Lage im Irak stabilisieren, kritisieren ihn daheim Politiker anderer Parteien, die seinem Kabinett die Mitschuld an dieser neuerlichen Verschlechterung der Sicherheitslage geben.
Was bleibt nach 2232 Tagen?
Nach sechs Jahren ist der wohl umstrittenste Einsatz der britischen Streitkräfte vorbei. 2232 Tage dauerte die Operation - länger als der Einsatz der Briten im Ersten und Zweiten Weltkrieg zusammen. Die Frage ist jetzt, welches Erbe die Briten im Irak hinterlassen und inwiefern der Einsatz dem Image des Königreichs geschadet hat. Die Kontrolle über den Südirak überlassen die Briten nun nicht den Irakern, sondern den US-Truppen. Diese müssen nun Soldaten nach Basra schicken, die dem US-Militär dann in anderen, gefährlicheren Provinzen nicht mehr zur Verfügung stehen.
"Großbritannien kann stolz auf sein Erbe dort sein", sagt Premierminister Gordon Brown. Zwar sei der Einsatz "nicht immer einfach gewesen", aber heute sei der Irak "eine Erfolgsgeschichte". Der Großteil der 3700 Soldaten soll bis Juli abgezogen sein.
Bitterer Nachgeschmack
Wohl auch, um diese Erfolgs-Theorie zu untermauern, versammelte man in der britischen Hauptstadt am Tag des Abzuges Vertreter von Hunderten von Unternehmen, die auf eine hochrangig besetzte irakische Regierungsdelegation trafen. Zu den Teilnehmern der Investitionskonferenz gehörten auch der Ölriese Shell und der Triebwerkshersteller Rolls Royce. Auch wenn die Briten nach Meinung einiger Experten viel zur Sicherheit im Irak beigetragen haben: Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack, wenn nun Firmenriesen aus dem Westen die Ölquellen in dem kriegszerstörten Land anzapfen. Dass die Kontrolle über die Ölvorkommen des Iraks das eigentliche Kriegsziel sei, hatten Millionen von Demonstranten im Frühjahr 2003 lautstark auf den Straßen von London vorgetragen, als der damalige Premierminister Tony Blair Zehntausende Soldaten in den Irak schickte.
Der britische Spitzendiplomat Paddy Ashdown äußert sich nun kritisch: "Der Krieg und die Tatsache, dass danach kein Frieden hergestellt werden konnte, (...) hat uns im Großen und Ganzen Schaden zugefügt." Von einem "vollkommenen Desaster" spricht die Anti-Kriegs-Organisation Stop the War Coalition. "Die britischen Soldaten werden Basra in einem viel schlimmeren Zustand verlassen, als sie es vorgefunden haben", sagte ein Sprecher. "Die Bevölkerung ist verarmt und zermürbt, die Infrastruktur zerstört."
Für die Menschen in Basra war diese Woche jedoch eine andere Zeremonie wichtiger als die Verabschiedung der Briten, die sich in den vergangenen Wochen ohnehin schon weitgehend auf ihren Stützpunkt außerhalb der Stadt zurückgezogen hatten. Am vergangenen Dienstag trat der neue Gouverneur von Basra, Scheltagh Abud, sein Amt an und versprach, die Stadt am Schatt al-Arab zur "wirtschaftlichen Hauptstadt" des Iraks zu machen.
Quelle: ntv.de, Annette Reuther und Anne-Beatrice Clasmann, dpa