Dossier

"Wilde mit Lendenschurz" Buschmänner klagen Land ein

In einem der reichsten Länder Afrikas geht kommende Woche einer der längsten, teuersten und emotionalsten Prozesse des Landes in die Endphase. Die Buschmänner oder Bassarwa, wie die Ureinwohner des südlichen Afrikas in Botswana heißen, wollen ihr Recht auf Heimat im Land ihrer Ahnen einklagen. Jahrtausende lang durchstreiften sie als Jäger und Sammler die Trockensteppe der Kalahari. Ende der 1990er Jahre hatte die Regierung des durch Diamanten reich gewordenen einstigen britischen Mandatsgebiets begonnen, die Ureinwohner aus dem einst eigens für sie errichteten Kalahari-Naturreservat in Nachbargebiete umzusiedeln.

Alle Bewohner des Landes sollten gleiche Entwicklungschancen erhalten, lautete die Argumentation der Regierung - und die seien in weit zerstreuten Siedlungen kaum zu garantieren. Vertreter von Selbsthilfegruppen sowie vor allem die in London ansässige Organisation "Survival International" dagegen verdächtigten die Politiker, in der Kalahari Bergbaulizenzen vergeben zu wollen. Seitdem ist ein Kampf der Kulturen entbrannt, bei dem sich Neuzeit und Tradition unversöhnlich gegenüber stehen und die Fronten sich unter internationalem Druck weiter verhärten. Das Image des lange Zeit als demokratischer Musterstaat angesehenen Botswana erlitt nach medienwirksamen Protesten im Ausland arge Einbußen.

Kritiker schreckten selbst vor dem Vorwurf des "Völkermords" nicht zurück, seit die Regierung die Wasserversorgung im Kalahari-Reservat einstellte. Die zuständigen Minister dagegen verwiesen auf Siedlungen, in denen den Bassarwa Gesundheitsstationen, Schulen oder Lehrwerkstätten geboten würden. Ihren Kritikern hielt die Politik entgegen, dass sie Buschmänner als "edle Wilde mit Lendenschurz" verklärten und sie ohne Entwicklungsperspektive in ihren traditionellen Lebensweisen gefangen halten wollten - als folkloristischen Teil der Flora und Fauna sozusagen.

Nachdem eine Klage von 243 Bassarwa im April 2002 vor dem Obersten Gericht an einem Verfahrensfehler scheiterte, gab es im Juli 2004 eine Neuauflage. An diesem Montag sollen die Anwälte der Bassarwa in der Hauptstadt Gaborone ihre abschließenden Argumente vorbringen. Sie wollen sowohl deren Rückkehr in die Kalahari als auch die Versorgung mit dem lebensnotwendigen Wasser durchsetzen. Ein Urteil dürfte wenige Tage später zu erwarten sein. In der Kalahari leben nach offiziellen Angaben noch einige Dutzend Buschmänner, weitere sollen in der Zwischenzeit zurückgekehrt sein. Die Zahl der in Botswana lebenden Bassarwa wird auf 20.000 bis 48.000 geschätzt.

(Ralf E. Krüger, dpa)

Quelle: ntv.de

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