Dossier

Chaos in Brandenburg CDU "sauber gespalten"

"Ein böses Wort kann das Klima vergiften." Der evangelische Superintendent Christoph Bruckhoff gab sich zu Beginn des CDU-Parteitages in Frankfurt (Oder) alle Mühe, um mit seinen "besinnlichen Worten" die rund 230 Delegierten im Kleist Forum auf einen friedfertigen Kurs zu bringen - vergeblich, wie sich später zeigte. Dabei stellte Tagungsleiter Martin Habermann nach eineinhalb Stunden noch ebenso optimistisch wie vorschnell fest: "Bis hierher ist der Parteitag hervorragend verlaufen."

Da hatte noch die CDU-Bundesvorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel in den höchsten Tönen den bisherigen Landesparteichef Jörg Schönbohm nach acht Jahren Amtszeit gelobt. Der 69-Jährige habe die bis 1998 hoffnungslos zerstrittene märkische Union in die Koalition mit der SPD geführt und das Land vorangebracht, ja ihm mit der CDU seinen Stempel aufgedrückt. Was die beiden Kandidaten für die Schönbohm-Nachfolge anging, hielt sich Merkel erwartungsgemäß klug zurück. Schließlich hatten sich die Lager von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns und dem früheren Generalsekretär Sven Petke eine monatelange Schlammschlacht geliefert.

Wie geladen die Stimmung im Saal war, musste schon der gastgebende Frankfurter Kreisvorsitzende Stefan Große Boymann erfahren: Als er es wagte, eine Empfehlung für Junghanns abzugeben, quittierten das etliche Petke-Anhänger mit Pfiffen und erbosten Zwischenrufen. In seiner rund einstündigen Abschiedsrede ging dann Schönbohm noch einmal auf die Grabenkämpfe der Vergangenheit ein - die anonymen Anzeigen, Indiskretionen, Verdächtigungen.

An die "junge Garde" um seinen früheren Generalsekretär Petke gerichtet, rief der frühere Bundeswehr-General Schönbohm schließlich, es dürfe nicht zugelassen werden, dass sich Leute aus den eigenen Reihen "mit persönlichen Ansprüchen, Erwartungen und Bedürfnissen gegen die Partei profilieren". Im vergangenen September trennten sich beider Wege, nachdem der 39-jährige Petke durch die so genannte E-Mail-Affäre unter Druck geraten war und Schönbohm ihm sein Vertrauen aufkündigte. Bis heute bestreitet Petke allerdings den Vorwurf, die elektronische Post von CDU-Vorstandsmitgliedern überwacht zu haben.

Das mit Spannung erwartete Wahlergebnis für den nächsten Vorsitzenden fiel dann denkbar knapp aus: Der gelernte Pferdewirt und Schönbohm-Wunschkandidat Junghanns ging mit nur zwei Stimmen Mehrheit vor Petke über die Ziellinie. Die Freude darüber währte nur kurz, denn unmittelbar danach fiel Junghanns' Kandidat für den Generalsekretärsposten, Dierk Homeyer, mit Pauken und Trompeten durch. Der ehemalige Bundeswehr-Offizier und Betriebswirt erhielt 118 Gegenstimmen, bei 96 Ablehnungen.

Nach einem kurzen Gefühlsausbruch vor dem Plenum - "Ich sehe in Ihren Augen den Hass, der die Partei auseinander treibt" - zog sich Junghanns mit den Kreisvorsitzenden zu einer Krisensitzung zurück. Zwischenzeitlich schwirrten Gerüchte umher, dass der neue CDU-Chef die Brocken hinwerfen und die Partei vor einer Spaltung stehen könnte. Am Ende verständigte sich die Runde darauf, zunächst nur für eine Übergangsphase einen Generalsekretär zu bestellen, den ein späterer Parteitag wählt.

"Junghanns hat mein volles Mitgefühl", merkte PDS-Landeschef Thomas Nord ironisch an. Die CDU sei "sauber gespalten". Der knapp unterlegene Petke und seine Anhänger kämpften nun ums politische Überleben. "Damit werden auch die Machtspiele und Intrigen weitergehen."

Ronald Bahlburg, dpa

Quelle: ntv.de

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