Regensburger Chaos CSU im braunen Sumpf
18.05.2007, 11:10 UhrRegensburg war bisher für die CSU ein Aushängeschild. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die ehemalige graue Maus der bayerischen Großstädte zur boomenden Wirtschaftsregion gewandelt, bei Zukunftstechnologien wie Biotech sind Regensburger Forscher Spitze und die 2000 Jahre alte Donaustadt ist politisch fest in schwarzer Hand - was auch im Freistaat längst nicht mehr selbstverständlich ist. Doch in den vergangenen Monaten ist die heile Welt der Christsozialen jäh in sich zusammengebrochen. Ausgerechnet in der Regensburger CSU hat sich ein bislang beispielloser Machtkampf entwickelt - Schlammschlacht inklusive.
Junge Parteimitglieder um den Stadtrat Thomas Fürst drängen an die Macht und haben mittlerweile das Zepter im CSU-Kreisverband übernommen. Die Gegner um den Regensburger CSU-Oberbürgermeister Hans Schaidinger warfen daraufhin Fürst und einigen Mitstreitern vor, sie seien rechtsextremistischem Denken gegenüber nicht abgeneigt. Obwohl die Vorwürfe teils bereits ein Jahrzehnt alt sind, wurden sie nun wieder hervorgeholt und ausgebreitet.
Einige Mitglieder sollen, insbesondere bei feucht-fröhlichen Anlässen, mit dumpfen Nazi-Sprüchen auf sich aufmerksam gemacht haben. Als Beleg dafür legten die Fürst-Kritiker sogar eidesstattliche Versicherungen eines Polizeibeamten vor, der als Parteiinsider einiges mitbekommen haben soll.
In der Münchner CSU-Zentrale hat man dem Treiben lange tatenlos zugesehen. Vor den Kreisverbandswahlen im März kam Generalsekretär Markus Söder einmal für einen - erfolglosen - Schlichtungsversuch nach Regensburg. Ansonsten beließ es die Parteiführung bei Appellen an Fürst, im Machtkampf endlich nachzugeben. Doch der dachte gar nicht daran und versammelte bei der Kreisversammlung seine Anhänger hinter sich. Bei den Neuwahlen des Vorstands kam es zur endgültigen Parteispaltung und letztlich zum Eklat. OB Schaidinger und andere führende Funktionäre weigerten sich, mit dem neuen Vorsitzenden Franz Rieger zusammenzuarbeiten. Rieger wird der Fürst-Gruppe zugerechnet, betont selbst aber, dass er "in keinem Lager" stehe.
Die Revolution bei der Regensburger CSU begründet Fürst damit, dass die bisherigen Top-Leute einfach zu lange den Wunsch der Basis nach einem Neuanfang und personeller Veränderung ignoriert hätten. Die Rechtsextremismus-Vorwürfe weist er zurück als "Kampagne" der "Altvorderen", die um ihren Einfluss fürchteten: "Ich habe keine Leichen im Keller."
Was an angeblichen Entgleisungen bei der Regensburger CSU tatsächlich dran ist, wird wohl nur schwer aufzuklären sein. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen bereits nach wenigen Tagen ein. Begründung: Die Vorfälle seien nicht öffentlich gewesen und meist verjährt. Mit der schnellen Entscheidung haben die Staatsanwälte nun den CSU-Bezirksverband Oberpfalz in die Bredouille gebracht. Denn nachdem CSU-Chef Edmund Stoiber gefordert hatte, dass der Bezirksvorstand nun durchgreifen soll, hatte am vorigen Wochenende der übergeordnete Verband eine spektakuläre Maßnahme angekündigt. Alle Mitglieder, gegen die Strafverfahren liefen, würden vorläufig ihrer Ämter enthoben. Doch bevor irgendetwas in dieser Richtung geschehen konnte, waren die Ermittlungen auch schon wieder vorbei und die Parteisanktionen nur noch Schall und Rauch.
Ulf Vogler, dpa
Quelle: ntv.de