Dossier

Rennen ums US-Außenamt Clinton und ihre Rivalen

Hillary Clinton, Bill Richardson oder John Kerry: Während der designierte Präsident am Wochenende unsichtbar blieb, überboten sich US-Kommentatoren gegenseitig mit Spekulationen über seinen künftigen Außenminister. Aus Kreisen um Barack Obama hieß es, er habe bei seinen bisherigen Sondierungen nicht erkennen lassen, wer der Favorit im Rennen um das diplomatische Spitzenamt ist. Zugleich soll aber Hillary Clinton bei ihrem jüngsten Treffen mit Obama am Donnerstag den Eindruck erhalten haben, dass sie den Job erhalten würde, wenn sie ihn denn wollte.

Hillary zeigt Interesse

Aber will sie ihn? Experten zeigten sich am Wochenende zunehmend sicher, dass es so ist. Clinton hatte zwar noch kürzlich erklärt, dass sie sich auf ihrem derzeitigen Posten im Senat wohl fühle, doch klar ist auch, dass sie dort auf lange Sicht keine führende Position übernehmen kann. Wenn auch hoch angesehen, ist sie mit acht Jahren in dieser Kammer der Altgedienten immer noch so etwas wie eine Newcomerin, und erst unlängst scheiterte sie mit einem Vorstoß, Vorsitzende eines Unterausschusses zu werden. Dass sie der Einladung Obamas folgte und zu einem Gespräch über ihre künftige Rolle nach Chicago flog, wird ebenfalls als deutliches Zeichen dafür gewertet, dass sie Interesse am Außenamt hat.

Ihre mögliche Konkurrenz ist allerdings stark. Der frühere Präsidentschaftskandidat John Kerry etwa, der seit langem als Außenminister im Gespräch ist, hat 19 Jahre im außenpolitischen Senatsausschuss auf dem Buckel. Bill Richardson, derzeitiger Gouverneur von New Mexico und UN-Botschafter zur Zeit der Clinton- Regierung, gilt als erfahrener Troubleshooter auf der internationalen Bühne. So erreichte er etwa 1994 in Verhandlungen mit Pjöngjang die Freigabe der Leiche eines US-Soldaten, der versehentlich mit einem Hubschrauber in den nordkoreanischen Luftraum geraten und abgestürzt war. Und war Richardson wie Hillary auch ein Konkurrent Obamas im Vorwahlkampf, stellte er anders als sie nie seine Eignung als Oberbefehlshaber infrage und charakterisierte Obama auch nie als einen Mann, der rhetorisch viel und sonst wenig aufzuweisen habe.

81 Länder bereist

Hillary Clinton gehört dem Streitkräfteausschuss des Senats an und hat stolze 81 Länder bereist, wenn auch größtenteils seinerzeit als First Lady an der Seite ihres Mannes Bill Clinton. Und dieser, so stellten Experten am Wochenende heraus, könnte sich wegen seiner internationalen Geschäfte bei Obamas Entscheidungsprozess als Handicap für seine Frau erweisen. Seit seinem Ausscheiden aus dem Amt ist der Globetrotter durch Reden vor ausländischen Firmen und Organisationen reich geworden. Und gut 350 Millionen Dollar an Spenden hat er aus allen möglichen Quellen für seine Stiftung eingestrichen, aus deren Fonds er seine Präsidentenbibliothek und verschiedene wohltätige Aktionen etwa im Kampf gegen Aids finanziert.

In mehreren Fällen hat sich herausgestellt, dass die Geber beispielsweise in Sachen Menschenrechte keine weiße Weste hatten. Sollte Obama Hillary als Chefin im State Department wollen, müssten die Clintons alle Fragen nach der Herkunft der Gelder beantworten. Im Vorwahlkampf hatten sie das abgelehnt.

Als größter Vorteil für Hillary gilt nach wie vor ihre "Star Power". Und ist sie erst im Kabinett eingebunden, könnte sie schwerlich querschießen. Denn auch wenn sich Hillary im Wahlkampf bedingungslos auf Obamas Seite geschlagen hat, heißt dies nicht unbedingt, dass sich beide jetzt plötzlich lieben. Obama hätte nun auch die Gelegenheit, jene 18 Millionen Menschen zu entschädigen, die im Vorwahlrennen für Hillary waren und bei der Besetzung des Vizepostens enttäuscht wurden.

Obama unter Zugzwang?

Obama sei mittlerweile so selbstbewusst, dass er entscheiden werde, wie er es für richtig halte - ohne Rücksicht auf etwaigen Druck von außen, zitierten Medien am Wochenende Mitglieder seines Teams. Sie meinten damit offensichtlich sowohl seine Bereitschaft, einstige scharfe Konkurrenten in seine Regierungsmannschaft zu holen als auch die, sie und ihre Anhänger notfalls erneut vor den Kopf zu stoßen. Manche Experten gaben nämlich zu bedenken, dass Obama durch die Spekulationen in Zugzwang geraten sei, Hillary den Außenministerposten anzubieten: So sehr, so sagen sie, habe sich bei ihren Anhängern die Hoffnung aufgebaut, dass Obama ihnen kaum ein zweites Mal eine kalte Dusche verpassen könne.

Und sollte er Zweifel an ihrer Qualifikation haben, schrieb eine der Hillary-Fans in einem Gastkommentar in der "Washington Post", so habe die Ex-First Lady einen anderen entscheidenden Vorteil. "Sie verfügt über derart viele Hosenanzüge, dass sie sechs Monate lang Friedensverhandlungen im Nahen Osten führen könnte, ohne zum Wechseln nach Hause fliegen zu müssen."

Quelle: ntv.de, Gabriele Chwallek, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen