Dossier

Kuba wählt Nationalversammlung Ein Volk - ein Votum

Alle fünf Jahre wählen die Kubaner mit nur einem Kreuz auf dem Wahlzettel auf einen Schlag ihr neues Parlament. Deshalb war schon vor der Wahl an diesem Sonntag klar, dass wieder alle 614 Kandidaten in die neue Nationalversammlung einziehen werden - allen voran Fidel und Ral Castro, die seit einem halben Jahrhundert an der Spitze des kommunistischen Inselstaates stehen. Für die Führung ist dieses System Garant für Zusammenhalt und Einheit des Volkes und für den Willen zur Fortsetzung der Revolution. Nach Ansicht der Dissidenten ist der Vorgang eine Farce und hat mit einer demokratischen Wahl nichts zu tun.

Der kranke Revolutionsführer Fidel Castro wandte sich dieser Tage mit der Aufforderung an seine Landsleute, mit einem "voto unido" alle Kandidaten anzukreuzen. Der Vorteil des kubanischen Systems gegenüber anderen Wahlen sei, so die offizielle Begründung, dass sich die Wähler nicht zwischen Kandidaten entscheiden müssten, die sie meist ohnehin nicht kennten. Demnach ist zudem beabsichtigt, dass auch Personen in die Staatsführung gelangen, die nicht bekannt und neu sind, und all dies ohne aufwendigen Wahlkampf.

Zu den 614 Kandidaten gehören auch alle Führungsmitglieder der herrschenden Kommunistischen Partei. So ist sichergestellt, dass sie alle in der Nationalversammlung vertreten sein werden, was wiederum vor allem deshalb wichtig ist, weil die Nationalversammlung aus ihren Mitgliedern die neue Staatsführung bestimmen wird.

Da auch der kranke Fidel Castro Kandidat wurde, kam es erneut zu Spekulationen über eine mögliche Rückkehr an die Spitze. Der 81- Jährige ist seit dem 27. Juli 2006 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten und hat die Amtsgeschäfte seinem fünf Jahre jüngeren Bruder übertragen. Mitte der Woche gestand Fidel aber ein, er sei zu öffentlichen Auftritten nicht in der Lage. Dies war von Beobachtern als ein Zeichen dafür gewertet worden, dass Fidel demnächst auch formell von Ral an der Staatsspitze abgelöst werden könnte.

Erzfeind Washington

Als die mit Kuba verbündete Sowjetunion Anfang der 90er Jahre zusammenbrach, nach Castros Auffassung auch wegen der politischen Reformen Michail Gorbatschows und des Wahlsystems mit mehreren Kandidaten, dachte sich auch die Führung in Kuba ein neues Wahlsystem aus. Danach werden 50 Prozent der Kandidaten zur Nationalversammlung von den Stadträten und 50 Prozent von den kommunistischen Massenorganisationen bestimmt. Die Wahl durch die Bevölkerung gilt deshalb nur noch als Formsache und wird von der Führung vor allem als eine Zustimmung zur Politik der Regierung angesehen.

"Ich bin ein Anhänger des voto unido", schrieb Castro vor wenigen Tagen. Diese Art der Wahl habe Kuba in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts davor bewahrt, das gleiche Schicksal zu erleiden, wie die kommunistischen Länder in Europa.

Vor allem aber habe Washington, der Erzfeind, es nicht geschafft, Kuba zu spalten. "Der Imperialismus (der USA) ist weiter damit beschäftigt, dem karibischen Land zu schaden und sein Volk zu spalten", erklärte der Parlamentsvorsitzende Ricardo Alarcn. "Deshalb wurde eine größere Einheit unter den Revolutionären notwendig."

Die Wahl "sei eine politische, revolutionäre und patriotische Entscheidung gegen die aggressiven Pläne des Feindes, der beobachtet, ob es zu einem Bruch oder wenigstens zu einer Erosion des Konsens' im kubanischen Volk kommt, und zwar insbesondere unter den Umständen der Blockade (durch die USA) und der Erkrankung des Oberkommandierenden," schrieb der Rechtsprofessor Jose Fernndez Bult im Parteiblatt "Granma".

Franz Smets, dpa

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen