"Damenwahl" im Land der Machos Frauen in Argentinien vorn
18.10.2007, 16:13 UhrArgentinen gilt als klassisches Land der Machos. Aber bei der Präsidentenwahl am 28. Oktober steht ein Ende der männlichen Dominanz zumindest in der Politik schon so gut wie fest. Umfragen zufolge ist gar nicht mehr fraglich, ob eine Frau in den Präsidentenpalast Casa Rosada in Buenos Aires einziehen wird, sondern nur noch welche. Die Entscheidung fällt zwischen der eleganten Präsidentengattin Cristina Kirchner (54) und der eher burschikos wirkenden Mitte-Links-Kandidatin Elisa Carri (50). Der Wahlkampf aber zieht sich lustlos und ohne große Anteilnahme der Bevölkerung dahin.
Das liegt vor allem daran, dass die derzeitige First Lady und langjährige Senatorin Kirchner Umfragen zufolge mit bis zu 45 Prozent der Stimmen fast uneinholbar vor ihrer Herausforderin liegt. Die Frau des peronistischen Präsidenten Nstor Kirchner, die sich gern als neue "Evita" oder "Hillary Clinton" des Südens bezeichnen lässt, verspricht die Fortsetzung der erfolgreichen Wirtschaftspolitik ihres Mannes und die Vertiefung sozialer Reformen.
Argentinien im Aufschwung
Und die Erfolgsbilanz ihres Mannes während der vergangenen vier Jahre ist eindrucksvoll. Die Wirtschaft legt Wachstumsraten wie in China vor, die Arbeitslosigkeit ging von etwa 25 Prozent auf nur noch gut 7 Prozent zurück und der Staatshaushalt weist Überschüsse auf. Gewerkschaften und die Wirtschaft sind zufrieden. Pünktlich zur Wahl kündigte der Chef von Volkswagen Argentinien, der frühere österreichische Bundeskanzler Viktor Klima, Investitionen von 223 Millionen Euro für die Produktion eines neuen Pick Up an.
"Danke! Das Leben von Millionen Argentiniern hat sich verbessert", lobte Klima die Politik Kirchners überschwänglich. Und an die Adresse der huldvoll lächelnden Kandidatin Kirchner gerichtet fügte er hinzu: "Ich hoffe, dass wir 2009 zum Produktionsbeginn des neuen Pick Up mit dem Besuch der ersten vom argentinischen Volk gewählten Präsidentin rechnen können."
Wahlkampf mit ungleichen Mitteln
Mit derartiger Wahlkampfhilfe kann die immer etwas rebellisch auftretende Carri nicht rechnen. Die blond gefärbte Politikern, die sich mit ihrer Leibesfülle gerne selbst auf die Schippe nimmt, liegt derzeit bei knapp 20 Prozent der Stimmen. Sie setzt vor allem auf diejenigen Argentinier, denen die Regierung Kirchner zu traditionell und vor allem zu autoritär ist. "Wir sind so gut wie in der Stichwahl", machte sie sich kürzlich bei einer Pressekonferenz Mut. Dafür müsste sie aber auf mindestens 30 Prozent der Stimmen kommen. Unter den männlichen Kandidaten hat derzeit nur noch der frühere Wirtschaftsminister Roberto Lavagna Aussichten auf einen Ehrenplatz als Dritter.
Der Wahlkampf wird jedoch mit ungleichen Mitteln geführt. Während die elegante dunkelhaarige Präsidentengattin auf die Macht des Staatsapparates zählen kann, hat Carri wesentlich größere Schwierigkeiten, sich bei allen Argentiniern Gehör zu verschaffen. Frau Kirchner kann sich so sehr darauf verlassen, ständig in den Medien erwähnt zu werden, dass sie ebenso wie ihr Mann weder Interviews geben noch sich zu Pressekonferenzen herablassen müsste. "Das kann sich nur jemand leisten, der den Staat hinter sich hat", kritisiert die Journalistin Mara O'Donnell in ihrem Buch "Propaganda K".
Obwohl das südamerikanische Land noch nie von einer direkt gewählten Präsidentin regiert wurde, spielt die Geschlechterfrage kaum eine Rolle im Wahlkampf. Weder Kirchner noch Carri haben die Frage in den Vordergrund gestellt und auch ihre männlichen Konkurrenten verloren darüber kaum Worte. Carri antwortete auf die doppeldeutige Frage, ob sie sich darüber freue, dass Argentinien künftig von einer Präsidentin regiert werde, mit einem augenzwinkernden aber knappen "Ja".
Von Jan-Uwe Ronneburger, dpa
Quelle: ntv.de