Dossier

Präsident Schimon Peres Für Israel beginnt eine neue Ära

von Ulrich W. Sahm

Am Sonntag ab 18:00 Uhr Ortszeit bricht in Israel ein neues Zeitalter aus. Dann wird der Vordenker eines "Neuen Nahen Osten" zum Staatspräsidenten des jüdischen Staates vereidigt: Schimon Peres, vor 84 Jahren in Polen geboren und der Politiker mit der längsten politischen Karriere weltweit.

Peres war schon vor 60 Jahren Berater des Staatsgründers David Ben Gurion. Er war zweimal Premierminister und hatte unzählige Ministerposten inne gehalten. Er gilt als "Vater der israelischen Atombombe" und ist Friedensnobelpreisträger. Unter Jitzhak Rabin hatte er die Osloer Verträge mit PLO-Chef Jassir Arafat vorangetrieben. Doch es sind nicht nur seine politischen Aktivitäten der Vergangenheit, mit denen er dem Amt des israelischen Staatspräsidenten einen neuen Anstrich geben wird, nachdem sein Vorgänger, Mosche Katzav, mit schmierigen Sex-Affären das Präsidentenamt in Verruf gebracht hat.

Der neunte Staatspräsident will sich nicht mit zeremoniellen Nichtigkeiten begnügen. Peres wird auch künftig ein "politisches Tier" bleiben. Mit seinen engsten Beratern habe er schon Pläne für Initiativen ausgearbeitet. Er will die sozialen Gegensätze überbrücken, vor allem im arabischen Sektor, den Kontakt mit der jüdischen Diaspora vertiefen, die Negevwüste zum Blühen bringen. Auch in Sachen Frieden will er aktiv bleiben, "allerdings in Absprache mit dem Premierminister, und ohne Ehud Olmert zu überraschen", wie eine Zeitung meldete. Peres bringt dafür die besten Voraussetzungen mit, denn mit arabischen Königen, Präsidenten und Vermittlern pflegt er ganz persönliche Beziehungen.

Schon vor zwei Wochen berichteten israelische Zeitungen über "eintausend Gäste", die Peres zu seiner feierlichen Vereidigung in der Knesset eingeladen habe. Gemäß Presseberichten würden Prominente aus aller Welt erwartet, die sich alle als "Freunde" von Schimon Peres betrachten. Doch weder Sprecher von Peres, des Außenministeriums oder der Knesset konnten Auskunft geben. Niemand kannte die Liste. Im Außenministerium lagen keine Anmeldungen ausländischer Staatsoberhäupter oder Regierungschefs vor. Der Sprecher der Knesset konnte lediglich bestätigen, dass die "erste Liga Israels" eine Einladung erhalten habe: Kirchenoberhäupter, Botschafter, Rabbiner und andere Würdenträger. Hat Peres etwa heimlich eine Überraschung vorbereitet? Es sähe ihm ähnlich.

Einen Vorgeschmack für das hohe Ansehen von Peres in der Welt lieferte sein 80. Geburtstag vor vier Jahren. In der größten Festhalle von Tel Aviv feierte ihn die ganze Welt, im wahrsten Sinne des Wortes. Inzwischen von der Bühne abgetretene Politiker wie Bundespräsident Johannes Rau, Präsident Bill Clinton, Mikhail Gorbatschow und viele Andere waren "privat" angereist. Gefilmte Geburtstagswünsche schickten Barbara Streisand, George Bush senior, der ehemalige indonesische Präsident Abul Rahim Wahied, Präsident Jacques Chirac, die "Friedensnobelpreis-Kollegen" Nelson Mandela und Frederik de Klerk. "Peres ist der jüngste Achtzigjährige, der mir je begegnet ist", sagte de Klerk. Peres, ein Literat und Freund der schönen Künste, nahm auch Glückwünsche von Amos Oz, Daniel Barenboim und Zubin Mehta entgegen.

Bill Clinton erklärte schmunzelnd: "Schimon, du klopfst an jede Tür an. Und wenn die sich nicht öffnet, dann steigst du durch das Fenster ein." Der ehemalige amerikanische Präsident sang zusammen mit 40 jüdischen und 40 arabischen Kindern ein Ständchen für das Geburtstagskind. Einfache Israelis, auf dem Gemüsemarkt von Jerusalem gefilmt, wünschten "Masel Tov, bis 120 Jahre".

Peres, im Ruf, ein unermüdlicher Träumer zu sein, der "die Zukunft selber macht, anstatt sie nur vorherzusehen", wie Ariel Schon sagte, wurde von bekannten Satirikern auf die Schippe genommen. Der bekannteste Nachahmer von Peres kopierte dessen knarrige Stimme und hob an: "Ich bin ein großer Rechtgläubiger an die Friedens-Prostata." Clinton fiel das Kinn herunter, Peres lachte von ganzem Herzen und Scharon machte gute Miene zum bösen Spiel, bis der Künstler sich korrigierte: "Ich meine natürlich den Friedensprozess."

Peres dankte den prominenten Gäste aus aller Welt: "Gekommen sind jene, die Geschichte gemacht haben. Mein Geburtstag war nur eine Ausrede. In Wirklichkeit kamen sie, um den Israelis zu sagen: Lasst euch nicht entmutigen und strebt weiter den Frieden an."

Das größte Fragezeichen liefert Sonja Peres. Peres bezeichnete sie als "besondere Frau". Doch wie üblich war die Gattin zuhause geblieben. Wird sie zu seiner Vereidigung als Staatspräsident ein erstes Mal in der Öffentlichkeit auftreten? Die bescheidene und zurückgezogene Frau, eine gelernte Sozialarbeiterin, hat ihren Freunden schon mitgeteilt, nicht in den Präsidentenpalais umziehen, sondern in ihrer Wohnung in Tel Aviv bleiben zu wollen. Sie wolle auch auf ein Büro, eine Sekretärin, eine Staatslimousine und einen Fahrer verzichten, wie es ihr als Präsidentengattin zusteht. "Schimon ist doch zum Präsidenten gewählt worden, nicht ich", wird sie zitiert.

Quelle: ntv.de

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