Falscher Fürst residiert am Rhein Hochstapler narrt Düsseldorf
25.10.2005, 17:39 UhrEine moderne Version des Hochstaplers Felix Krull hat in Düsseldorf als "Fürst zu Sayn-Wittgenstein zu Berleburg" monatelang die honorige Gesellschaft genarrt. Die Polizei rechnet mit mehr als 100.000 Euro Schaden. Am 21. Geburtstag des einschlägig vorbestraften Berliners stoppte ein Kommissar das Treiben. Der Schulabbrecher hatte sich als "Durchlaucht" anreden lassen, ohne Ausweis Konten eröffnet und im Frack in Nobelhotels diniert. Die "besseren Kreise" und auch renommierte Bankhäuser hätten sich von Habitus und Adelstitel blenden lassen, berichtete die Polizei am Dienstag.
Weiße Anzüge mit Einstecktuch, teures Parfüm, handgenähte Schuhe und eine Taxifahrerin als Privat-Chauffeurin. "Kleider machen Leute" -auch heute noch. Auf dem Schreibtisch von Kommissar Hans-Joachim Hering stapeln sich hunderte Kreditkartenabrechnungen des 21-Jährigen. In nur zwei Monaten hatte es der mittellose Hochstapler zu zwei luxuriös eingerichteten Wohnungen gebracht . "Das haben wir in dieser Form noch nicht erlebt", wundert sich der Kommissar. Die Zahl der Betrügereien sei noch nicht zu überblicken.
"Seine Durchlaucht" fuhr Luxuskarossen zur Probe und hatte sich bei einem Juwelier Siegelringe des Fürstenhauses bestellt. In Fünf-Sterne-Hotels waren bereits Partys arrangiert. Wenn "Ihre Exzellenz" einkaufen ging, dann standesgemäß in Edelboutiquen etwa auf der Königsallee. Ein Kölner Herrenausstatter händigte dem vermeintlichen Adeligen für 4.500 Euro Kleidung aus. Seine Taxifahrten summierten sich auf 3.000 Euro.
Schon in Berlin hatte sich der verurteilte Urkundenfälscher, der eigentlich aus der Provinz in Niedersachsen stammt, mal als Polizist, mal als Arzt ausgegeben. Weil er keiner einzigen Bewährungsauflage nachkam und sein Bewährungshelfer ungehalten wurde, hatte er sich bald nach Düsseldorf abgesetzt. Eine schlagende Burschenschaft hatte dem jungen "Fürsten" eine Wohnung zur Verfügung gestellt, via Internet erschlich er sich dann Zugang zu den gut betuchten Kreisen der Landeshauptstadt.
Dabei schreckte er nicht davor zurück, seinen neuen Freunden auch mal beim Shopping die Geldbörse zu stehlen -niemand verdächtigte den "Blaublütigen". "Es haben sich sehr, sehr viele Leute von dem Adelstitel blenden lassen, das ist schon unglaublich", berichtet Kommissar Hering. Einigen Opfern sei dies heute ausgesprochen peinlich: "Zwei Geschädigte haben ausdrücklich auf eine Strafanzeige verzichtet."
Erst als die Berliner Behörden ihr schwarzes Schaf suchen ließen und Kommissar Hering zufällig auf teure Warensendungen an den falschen Adeligen stieß, waren dessen neureiche Tage gezählt. Als seine Chauffeurin die kostbaren Pakete von einem Postamt abholen wollte, wartete bereits die Polizei. "Im Fond des Taxis vor dem Postamt saß ihre Hoheit", sagt der Kommissar schmunzelnd.
Eine Weile habe der Hochstapler noch den Ahnungslosen gespielt, dann aber doch ein Geständnis abgelegt. Ein Richter habe seiner "Durchlaucht" inzwischen wegen Flucht- und Wiederholungsgefahr eine andere Unterkunft zugewiesen: "Das neue Hotel hat keine Klinken.
Von Frank Christiansen, dpa
Quelle: ntv.de