Keine bloßen Abnicker Kompetenzen des EU-Parlaments
23.05.2009, 11:49 Uhr
(Foto: AP)
"Hast Du einen Opa, schick ihn nach Europa" war lange ein beliebter Satz, mit dem die Bedeutungslosigkeit des Europaparlaments verspottet wurde. Doch dort sitzen heute keine bloßen Abnicker mehr. Die Kompetenzen des Parlaments werden seit den 70er Jahren stetig erweitert. Seine demnächst nur noch 736 Abgeordneten müssen nicht nur einem Großteil der EU-Gesetzesvorhaben zustimmen, sondern kontrollieren auch den Brüsseler Haushalt und das Personal der EU-Kommission.
Heute billigt das Parlament etwa 60 Prozent der EU-Gesetzgebung, nach Inkrafttreten des Reformvertrages von Lissabon wären es 90 Prozent. Die stärksten Kompetenzen hat das Parlament heute in Bereichen wie Verbraucherschutz, Bildung und Gesundheit. Über Lissabon würden die Abgeordneten auch ein Mitspracherecht bei der Justizzusammenarbeit, der inneren Sicherheit und der Einwanderung bekommen. Dagegen bliebe die Außen- und Sicherheitspolitik Domäne der EU-Regierungen. Dem Beitritt neuer Mitgliedsstaaten müssen die Abgeordneten schon heute zustimmen.
Das Parlament teilt mit den Regierungen auch die Kompetenz über den EU-Haushalt. Es kontrolliert gleichzeitig die Budgetführung der EU-Kommission, die sich von den Abgeordneten jedes Jahr dafür entlasten lassen muss. Ausgenommen von der Zustimmung sind aber sogenannte "obligatorische Ausgaben" und dabei insbesondere der Agrarbereich, der alleine 40 Prozent des EU-Budgets ausmacht.
Schließlich überwacht das Parlament die Kommission auch personell. So brachte es 1999 die Kommission unter Jacques Santer zu Fall, nachdem die Französin Edith Cresson einem befreundeten Zahnarzt lukrative Verträge zugeschanzt hatte. 2004 lehnten die Abgeordneten einen italienischen Kandidaten für das Justizressort wegen dessen erzkonservativer Haltung zu Homosexuellen und Frauen ab.
Obgleich heute nicht nur "Opas" im Parlament sitzen, ist sein Image bei Europas Bürgern nicht gerade gut. Dazu trägt bei, dass die Parteien weiter zögern, prominente Politiker nach Straßburg und Brüssel zu schicken. Und mit geringer Anwesenheit und Teilnahme trägt ein Teil der Abgeordneten selbst zum schlechten Bild des Parlaments bei.
Quelle: ntv.de, AFP