Dossier

Frauen in der kuwaitischen Politik Kopftuch-Debatte überflüssig

Gleich vier Frauen haben es ins kuwaitische Parlament geschafft. Davon tragen zwei ein Koptuch und zwei nicht. Das gibt reichlich Stoff für die Islamisten des Landes.

Ob mit oder ohne Kopftuch: Kuwaits Politikerinnen halten zusammen.

Ob mit oder ohne Kopftuch: Kuwaits Politikerinnen halten zusammen.

(Foto: dpa)

"Bedeckt oder unbedeckt?", das ist in diesen Tagen eine Frage, die unter den islamistischen Politikern von Kuwait mit Eifer und Ernsthaftigkeit diskutiert wird. Denn zwei der insgesamt vier weiblichen Abgeordneten, die bei den vorgezogenen Wahlen in dem arabischen Golfstaat am 16. Mai als erste Frauen in der Geschichte des Landes ein Mandat errungen haben, tragen kein Kopftuch. Einige Islamisten haben deshalb schon angekündigt, dass sie aus Protest gegen so viel Liberalität während der Vereidigung der Frauen den Saal verlassen wollen. "Na, dann sollen sie doch gehen. Noch besser wäre es, sie kämen gar nicht wieder, denn wir würden sie nicht vermissen", spottet eine kuwaitische Frauenrechtlerin.

Auch Hessa Madschid Al-Schahien von der Kuwaitischen Union der Frauenvereinigungen ist über diese Kopftuch-Debatte verärgert. "Warum verschwenden sie ihre Zeit nur mit solchen Belanglosigkeiten?", fragt sie. Al-Schahien ist unverschleiert und hat an diesem heißen Frühlingstag eine weite Bluse zur Dreiviertelhose an. Einige ihrer Mitstreiterinnen, die im Empfangsraum der Frauenunion bei Tee und Häppchen über die Ergebnisse der Parlamentswahl diskutieren, tragen Kopftücher und wallende schwarze Gewänder, andere sind westlich gekleidet. "Wir Kuwaiter glauben an Toleranz, hier gibt es keine Kleidervorschriften", sagt Al-Schahien. Sie will Saudi-Arabien, das Land, in dem Frauen nicht Autofahren dürfen und schwarze Gewänder tagen müssen, nicht direkt kritisieren, doch trotzdem weiß jeder, was gemeint ist.

Scheich über Wahlausgang überrascht

"Ich hatte gehofft, dass es dieses Mal eine von euch schaffen würde, aber dass es gleich vier geworden sind, das überrascht mich", soll der Herrscher von Kuwait, Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah, gesagt haben, als er die Parlamentarierinnen nach ihrem Sieg empfing. Der betagte Emir hätte das Frauenwahlrecht gerne schon früher in Kuwait eingeführt. Doch die Männer im Parlament sträubten sich lange Zeit dagegen. Deshalb erhielten die Frauen erst 2005 das aktive und passive Wahlrecht.

Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah hätte das Frauenwahlrecht gerne schon früher eingeführt.

Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah hätte das Frauenwahlrecht gerne schon früher eingeführt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

2006 und 2008 scheiterten die Kandidatinnen an der Urne, was nach Ansicht unabhängiger Beobachter unter anderem daran lag, dass viele Frauen von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machten. Außerdem wählen die Frauen oftmals konservativ, die Kandidatinnen waren jedoch alle mit mehr oder weniger liberalen Wahlversprechen angetreten. Auch die vier Akademikerinnen, die es nun geschafft haben, sind wohl auch mit Stimmen von Männern gewählt worden. "Der Erfolg der Frauen zeigt, dass die Wähler wollten, dass endlich Ruhe einkehrt im Parlament", erklärt ein kuwaitischer Geschäftsmann. Er glaubt, dass der seit drei Jahren andauernde Konflikt zwischen dem Parlament und den wechselnden Regierungen der Hauptgrund dafür ist, dass sein Heimatland in Sachen Industrie und Dienstleistungen inzwischen von anderen arabischen Öl-Monarchien überholt wurde.

Irakische Invasion stärkte Frauen

Afaf Kabasard, versorgt ihre Freundinnen von der Frauenunion während des Treffens in dem stark klimatisierten Empfangsraum der Frauenunion mit dem bitteren grünlichen Kaffee, der in den Golfstaaten bei keiner Einladung fehlen darf. Sie ist überzeugt, dass auch die irakische Invasion von 1990, deren Schrecken die Kuwaiter bis heute nicht verwunden haben, die Rolle der Frau in Gesellschaft und Politik gestärkt hat. "Viele Frauen haben sich damals dem Widerstand angeschlossen", sagt sie und erzählt ihren Freundinnen stolz, wie sie 1990 zusammen mit ihrem Mann im Auto Schusswaffen, Handgranaten und Geld transportierte. "Ich war damals noch ganz schlank, da konnte ich die Geldscheine bequem unter meinem Gewand verstecken", sagt die rundliche Brillenträgerin vergnügt und ihre Freundinnen lachen.

Über das islamische Kopftuch diskutieren die Frauen nicht. Das Thema ist bei ihnen tabu. Und obwohl einige von ihnen Kurse organisieren, in denen ältere, verschleierte Frauen den Koran auswendig lernen, hoffen sie, dass sich auch das neue kuwaitische Parlament bald wieder Themen zuwenden wird, die aus ihrer Sicht wichtiger sind: Die Frage der Nationalität von Kindern aus binationalen Ehen zum Beispiel oder die großen Industrieprojekte, die auf Eis gelegt wurden. Die ehemalige Gesundheitsministerin Masuma al-Mubarak, die zu den vier weiblichen Abgeordneten gehört, hat derweil schon das nächste Ziel vor Augen, sie will stellvertretende Parlamentspräsidentin werden.

Quelle: ntv.de, dpa

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