Dossier

Nebentätigkeiten Linke sorgt für Transparenz

Die Diskussion über die Bezahlung von Abgeordneten begleitet Deutschland fast seit Ende der Kaiserzeit. Schon in den 20er Jahren der Weimarer Republik wurde über besondere Regeln für Abgeordnete nachgedacht. Verhaltensregeln für die Parlamentarier wurden erstmals 1972 verabschiedet. Seit dieser Zeit müssen die Abgeordneten ihre ausgeübten Berufe sowie vergütete Nebentätigkeiten und Spenden angeben -allerdings nicht die Höhe der Summe.
Jetzt macht das Bundesverfassungsgericht den Weg für mehr Transparenz frei. "Unverzüglich" will Bundestagspräsident Norbert Lammert veröffentlichen, ob und wie viel Abgeordnete neben ihrer monatlichen Diät von 7.009 Euro verdienen. Das geschieht in drei Stufen - Stufe 1 ab monatlichen Einkünften von 1.000 Euro bis 3.500 Euro, Stufe 2 Einkünfte bis 7.000 Euro und Stufe 3 Einkünfte über 7.000 Euro.
Dennoch hat Deutschland beim Blick in die europäischen Nachbarländer und in die Vereinigten Staaten erheblichen Nachholbedarf. In den Niederlanden beispielsweise weiß jeder Bürger, wie viel sein Abgeordneter wirklich verdient. Ähnlich sieht es in Finnland, Schweden und Großbritannien aus. In den Vereinigten Staaten kann jeder nicht nur Einblick in die Steuererklärung des Präsidenten nehmen, sondern sich auch ein Bild über die Vermögensverhältnisse der Abgeordneten machen.
In Gang gekommen war die Debatte in Deutschland vor zwei Jahren, als sich manch einer verwundert fragte, wie sich Lobbyistentum und Unabhängigkeit des Abgeordnetenmandates vertragen. Im Mittelpunkt stand damals der CDU-Abgeordnete Reinhard Göhner, der im Zweitberuf die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände vertritt. Im Oktober 2005 traten neue Offenlegungsregeln in Kraft, deren Umsetzung allerdings mit der Klage ausgesetzt war.
Als Anwalt nebenbei aktiv
Vor allem Juristen, die mit 95 von insgesamt 613 Abgeordneten die größte Berufsgruppe im Parlament darstellen, wehrten sich gegen diese neuen Transparenzvorschriften. So strengten dann auch sieben Anwälte, ein Mitinhaber einer Versicherungsagentur und ein mittelständischer Bauunternehmer die Klage in Karlsruhe an.
Zu den aktivsten Nebenverdienstlern unter den Klägern gehört der CDU-Steuerexperte Friedrich Merz. Als Anwalt arbeitet er für eine internationale Kanzlei und hat daneben noch Ämter in elf Aufsichtsräten und Beiräten. Ein umtriebiger Rechtsanwalt ist auch der SPD-Abgeordnete Peter Danckert, ebenfalls einer der Kläger. Zu seinen Klienten gehören solch schillernde Persönlichkeiten wie der DDR-Devisenhändler Alexander Schalck-Golodkowski.
Aber auch viele andere Abgeordnete gehen lukrativen Nebentätigkeiten nach. Als geschäftstüchtiger Jurist hat sich beispielsweise der CSU-Parlamentarier Peter Gauweiler einen Namen gemacht. Als Anwalt vertrat er unter anderem den Medienunternehmer Leo Kirch in einem Schadensersatzprozess der Deutschen Bank, war im FlowTex-Prozess um Wirtschaftskriminalität aktiv und vertrat in der Korruptionsaffäre den ehemaligen Münchner Stadionchef Klar-Heinz Wildmoser. Und auch SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler ist ein gefragter Anwalt. Er ist ein herausgehobener Experte für Baurecht.
Linke Vorreiter bei Offenlegung der Nebeneinkünfte
Vor allem jüngere SPD-Parlamentarierer und SPD-Linke appellieren an ihre Fraktionskollegen, dem Beispiel des gläsernen Abgeordneten zu folgen und listen ihre Einkünfte öffentlich auf. So macht der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Kelber schon seit seiner Zeit in der Kommunalpolitik seine Steuererklärung öffentlich. "Ich bin den Wählern Rechenschaft schuldig", sagt der studierte Informatiker. Ähnlich argumentiert der CDU-Gesundheitsexperte Hubert Hüppe. Auch er stellt seine Steuererklärung ins Netz. Hüppe ist Beamter und wie er selbst sagt, fällt ihm deshalb die Offenlegung seiner kompletten Einkünfte nicht schwer. Aber Selbstständigen könne man das vor allem mit Blick auf konkurrierende Betriebe nicht zumuten.
Vorreiter in Sachen Transparenz ist übrigens die Linksfraktion. Alle Fraktionsmitglieder haben ihre Nebeneinkommen schon im Internet veröffentlicht. Allerdings sind die wenigsten von ihnen vor ihrem Einzug in den Bundestag auch freien Berufen nachgegangen. Ein Freiberufler war Fraktionschef Gregor Gysi, dem der Abschied von seiner Anwaltstätigkeit schwer fiel, wie er selbst zugab. Auf seiner Internetseite kann man nachlesen, dass er im Februar diesen Jahres mehr als 7.000 Euro zu seiner Bundestagsentschädigung dazu verdiente und in den Monaten Januar, April und Mai jeweils bis zu 3.500 Euro monatlich.

Quelle: ntv.de

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