Dossier

Mäkeleien aus den eigenen Reihen Merkels Kurs sorgt für Kritik

Kanzlerin Angela Merkel könnte angesichts ihrer guten persönlichen Umfragewerte beruhigt in die Sommerpause gehen. Wären da nicht die zunehmenden Mäkeleien aus den eigenen Reihen. Dem Wirtschaftsflügel ist der Kurs der Kanzlerin zu SPD-freundlich, der Arbeitnehmerflügel fordert mehr soziales Profil. Vor allem aber die bayerische CSU schießt im Vorfeld ihrer Landtagswahl täglich schärfer gegen die eigene Regierungschefin. "Lebensfremd" sei das harte "Nein" zur alten Pendlerpauschale, befand CSU-Chef Erwin Huber.

"Die nächste Monate werden hart für die Kanzlerin", prognostiziert Unionskenner und Merkel-Biograph Gerd Langguth. Denn auch in der CDU gebe es bereits "ein gewisses Grummeln" angesichts steigender Energiepreise. Dabei sei das Interesse in Bayern ganz schlicht. "Es geht der CSU allein darum, in Bayern die Wahlen zu gewinnen. Denn sie steht mit dem Rücken zur Wand, weil sie um ihre absolute Mehrheit fürchten muss", konstatiert der Bonner Politik-Professor. Mit Angriffen auf die Bundesregierung - und sei es die eigene - sei die CSU auch früher zu Zeiten ihres einstigen Chefs Franz-Josef Strauß gut gefahren.

Entscheidende Bayern-Wahl

Der Ausgang der Bayern-Wahl kann Merkel nicht egal sein. "Es würde auch als eine Niederlage der Union angesehen werden, wenn die CSU auf einen Wert deutlich unter 50 Prozent kommen würde", sagt der Mainzer Parteienforscher Prof. Jürgen Falter. "Mit einer schwachen CSU ist man selber auch geschwächt. Von der politischen Eigendynamik für die Konkurrenten ganz zu schweigen." Schon jetzt profitiert die CDU nicht von der hohen Popularität ihrer Kanzlerin. Mit 35 Prozent lagen CDU/CSU Ende Juni in einer Allensbach-Umfrage bundesweit zwar klar vor der SPD, aber dennoch erstmals unter dem bereits schwachen Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2005.

"Die Kanzlerin steckt in einem Dilemma", sagt Langguth. Mit kurzfristigen Steuerentlastungen würde sie zwar auch den Druck in der eigenen Partei lindern, doch Merkel könne sie ihr Ziel, die Staatsfinanzen zu sanieren, ebenso wenig nicht riskieren. Dies sei das einzige Thema, das die große Koalition noch zusammenhalte.

Profillose CDU

In der CDU wird fehlende Führung durch Merkel und ihre präsidialen Stil an der Spitze der Koalition beklagt. Sie tue zu wenig für das Profil der Partei. Dabei klaffen jedoch in der CDU die Interessen weit auseinander. "Es ist nicht zu übersehen, dass die CDU innerlich durchaus gespalten ist, auch wenn das nicht so deutlich wird wie bei der SPD", sagt Prof. Falter. Während der Chef des Arbeitnehmerflügels, Karl-Otto Laumann, für die alte Pendlerpauschale und Mindestrenten eintritt, beklagt der Wirtschaftsflügel sozial- und arbeitsmarktpolitische Missgriffe. Vor allem im Mittelstand rumort es.

Viele Handwerksmeister verstünden den Kurs der CDU nicht, sagte Handwerkspräsident Otto Kentzler der "Bild-Zeitung". Beim Mindestlohn, bei der Rente oder beim Arbeitslosengeld mache die Koalition "eine Rolle rückwärts nach der anderen". Wenn die CDU ihre wirtschaftspolitischen Grundsätze über Bord werfe, dürfe sie sich über abwandernde Stammwähler nicht wundern, giftete Merkels alter Widersacher Friedrich Merz kürzlich. Dagegen sieht Präsidiumsmitglied Laumann die Kanzlerin als "Zugpferd" für seine Partei. "Die CDU müsste verrückt sein, wenn sie mit diesem Pfund nicht in den Wahlkampf ziehen würde", sagte er der "Berliner Zeitung".

Andreas Möser, rts

Quelle: ntv.de

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