Dossier

Karibik im Wechselwind Neuer Castro für Kuba

Auf Kuba mehren sich die Zeichen für einen Umbruch: Vieles deutet daraufhin, dass der kranke Revolutionsführer Fidel Castro bald nach den Wahlen zur Nationalversammlung am 20. Januar auch formell auf seine Ämter als Staats- und Parteichef verzichten könnte. Und dass dann sein fünf Jahre jüngerer Bruder Ral Castro (76) Präsident des letzten kommunistischen Landes in der westlichen Hemisphäre werden wird. Ein erster konkreter Hinweis in diese Richtung kam während der Visite des brasilianischen Präsidenten Luiz Incio Lula da Silva in Havanna Mitte dieser Woche. Lula lud nämlich nicht Fidel sondern Ral zu einem Gegenbesuch nach Brasilien ein.

Bislang regiert der 76-Jährige das Land provisorisch, da ihm Fidel seine Ämter nur für die Zeit seiner Erkrankung übergeben hatte. Mittlerweile hat Fidel Castro aber bekräftigt, nicht an den Ämtern zu kleben und bereit zu sein, Jüngeren den Weg freizumachen. Nach der Abreise Lulas veröffentlichten die kubanischen Staatsmedien die neuesten Reflexionen des "Comandante en Jefe", die einen weiteren Fingerzeig lieferten: "Ich bin nicht in der Lage, direkt zu den Nachbarn der Gemeinde zu sprechen, wo man mich zu den Wahlen aufgestellt hat." Er tue darum das, was er könne: "Ich schreibe", wurde Fidel zitiert.

Es geht gesundheitlich bergauf

Seit 17 Monaten hatte die Weltöffentlichkeit immer ein und dieselbe Botschaft von Besuchern Kubas erhalten, die vom Revolutionsführer am Krankenbett empfangen wurden. Fidel, dessen Gesundheitszustand von Anfang an zum Staatsgeheimnis erklärt worden war, sei auf dem Weg der Genesung, hieß es. Dann ging es ihm sogar von Tag zu Tag besser, wie Regierung und Eingeweihte an die Öffentlichkeit dringen ließen.

Lula hatte nach seinem Treffen mit dem 81-Jährigen zwar ebenfalls noch darüber geschwärmt, wie fit Fidel sei. Doch nach dessen Abflug schob die Führung den zuvor freigegebenen Fotos - den ersten seit Oktober 2007 - ein kurzes Video hinterher, auf dem Castro kaum hörbar murmelte: "Ich habe mich sehr gut gefühlt."

Wählen auf einen Schlag

All dies zeigt nach Meinung von Beobachtern, dass die Zeit des Übergangs auf Kuba zu Ende geht und dass die Frage der Kontinuität der Macht geregelt ist. Es war Ral, der mit Lula brasilianische Kredite für Kuba vereinbarte und der mit seinem Gast über den Einstieg der Brasilianer in die Erdölförderung im Golf von Mexiko vor der Küste der größten Antilleninsel sprach.

Am Sonntag dürfen die Kubaner die neue Nationalversammlung wählen. Mit einem Kreuz auf der Mitte des Wahlzettels, dem sogenannten "Voto Unido", wählen sie alle von der Führung ausgesuchten 614 Kandidaten auf einen Schlag in das Gremium, auch die Castro-Brüder. Danach hat die Nationalversammlung 35 Tage Zeit, um aus den eigenen Reihen die neue Staatsführung, den Staatsrat und dessen Vorsitzenden, zu wählen. Und bei dieser Wahl spricht alles für Ral.

Von Franz Smets, dpa

Quelle: ntv.de

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