Dossier

Bitterarmes Ölland Tschad Rebellen wollen Teil vom Kuchen

Das politische Überleben des tschadischen Präsidenten Idriss Dby hängt am seidenen Faden. Noch verbarrikadiert er sich in seiner Residenz und lehnt das Angebot der Franzosen ab, ihn auszufliegen. Vermutlich vertraut er auf die Hilfe der französischen Armee, die ihn auch 1990 beim Sturz seines Vorgängers unterstützt hat. Damals marschierte Dby aus dem Sudan ein, ebenso wie heute die Rebellen. Unter ihren Anführern sind zwei Neffen Dbys und ein ehemaliger tschadischer Botschafter in Riad. Die drei Rebellengruppen, die sich zusammengeschlossen haben, haben kein politisches Programm. Ihr einziges Ziel ist es, Dby zu stürzen und selber vom Ölreichtum des Landes zu profitieren.

Der Tschad ist ein junges Ölland, das derzeit wichtigste Ölfeld wurde erst 1990 entdeckt. Weil es keinen direkten Zugang zum Meer gibt, musste eine etwa 1000 Kilometer lange Leitung bis nach Kamerun gelegt werden. Da der Tschad zugleich eines der ärmsten Länder der Welt ist, bot die Weltbank folgenden Deal an: Sie wollte den Bau der Pipeline finanzieren, dafür musste der Tschad sich verpflichten, die Einnahmen aus dem Ölexport zur Bekämpfung der Armut einzusetzen. Ein vom US-Konzern ExxonMobil geführtes Konsortium fördert seit Ende 2003 Öl im Tschad. Die Ölvorkommen werden auf 1,5 Milliarden Barrel geschätzt.

Aus den schönen Plänen, den Ölreichtum den Armen zukommen zu lassen, wurde nichts. Die tschadische Regierung löste einen entsprechenden Fonds auf, um ihre Beamten zu zahlen. Seitdem versickert ein beträchtlicher Teil des Geldes. Die Rebellen möchten dabei nicht länger zusehen.

Hinzu kommt die Gemengelage mit dem benachbarten Sudan. Dby gehört der gleichen Volksgruppe an wie ein Teil der Rebellen, die in der Krisenregion Darfur gegen die sudanesische Armee kämpfen. Die sudanesische Regierung wirft ihm vor, die Darfur-Rebellen militärisch zu unterstützen. Sie revanchiert sich, indem sie ihrerseits den tschadischen Rebellen Unterschlupf und vermutlich auch militärische Hilfe gewährt. Nach Medienberichten waren die Rebellen bei den jüngsten Angriffen wesentlich besser organisiert als bei ihrem vorherigen Putschversuch 2006. Erklären ließe sich das mit sudanesischem Training.

Im Unterschied zu 2006 kann sich allerdings auch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich nicht mehr so diskret einschalten. Damals legte Paris das Militärabkommen mit dem Tschad etwas großzügiger aus und feuerte nach eigenen Angaben mehrere Warnschüsse aus der Luft ab. Die Rebellen sprachen von Bombardierungen durch die französische Luftwaffe. Ob und wie viele Opfer es dabei gab, wurde nicht bekannt. Bislang hat Frankreich sich militärisch zurückgehalten und lediglich den Ausflug von knapp 1.300 Ausländern organisiert.

Es spricht allerdings einiges dafür, dass Frankreich sich auch weiterhin so weit wie möglich aus dem Konflikt heraushält. Schließlich war es kompliziert genug, die EU-Partner zu einem gemeinsamen Friedenseinsatz zusammenzutrommeln. Der Verdacht lag nahe, dass eine französisch dominierte EU-Truppe in erster Linie französische Interessen in dem bitterarmen und potenziell so reichen Ölland verteidigen könnte. Ob und wann EUFOR tatsächlich zum Schutz der etwa 400.000 Flüchtlinge im Osten des Tschads eingesetzt werden kann, ist weiterhin offen.

Ulrike Koltermann, dpa

Quelle: ntv.de

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