Dossier

Lust und Last der Wiederwahl Revolution in Lateinamerika

Ob Chávez, Ortega, Uribe oder wie einst Fidel Castro: Die lateinamerikanischen Regierungschefs bereiten sich auf eine Wiederwahl vor, um den Sozialismus zu verbreiten - zur Not auch durch Verfassungsänderungen.

Hugo Chávez

Hugo Chávez

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die bolivarische Revolution von Venezuelas Staatschef Hugo Chávez ist ein Langzeitprojekt. Es geht um nicht weniger als den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts", und der lässt sich nicht über Nacht verwirklichen. Nein, dazu braucht es Jahre, Jahrzehnte und vor allem: viele Amtszeiten. Drum ließ sich Chávez im Februar per Referendum eine Verfassungsänderung absegnen, die ihm die Tür zur unbegrenzten Wiederwählbarkeit öffnete. Eine Verlockung, der auch einige seiner Amtskollegen in Lateinamerika kaum widerstehen können.

Seine Verbündeten in Lateinamerika sucht sich Chávez mit Geld, über das er wegen des Ölreichtums Venezuelas und trotz fallender Ölpreise noch verfügt. Doch sollen die auch nicht nur für vier oder fünf Jahre mitwirken, die lateinamerikanischen "Brudervölker" zu vereinen. Und deshalb tut er alles, damit ihm die Freunde möglichst lange erhalten bleiben.

Wie Chávez und Zelaya Freunde wurden

Manuel Zelaya

Manuel Zelaya

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Präsident Manuel Zelaya in Honduras ist derzeit das auffälligste Beispiel. Honduras ist im Laufe seiner Geschichte nicht gerade Hort linker Weltanschauungen gewesen. Und auch Zelaya, eigentlich ein konservativer Liberaler, der in seinem Volk nicht sonderlich beliebt war, wandelte sich erst zu einem Verbündeten von Chávez, als dieser ihm mit finanzieller Unterstützung neue Perspektiven für das verarmte Honduras aufzeigte.

Er überwarf sich mit allen staatlichen Institutionen und wollte gegen deren Widerstand ein Referendum über eine neue Verfassung durchsetzen, in der unter anderem die Option der Wiederwahl verankert worden wäre. Mit Zelayas Entmachtung wurde Chávez' Vormarsch erst einmal gestoppt. Wutentbrannt zürnte Chávez, er werde die Putschisten stürzen. Nach dem Willen der Honduraner fragte er nicht.

Bolivarische Revolution bis 2019

Fidel Castro

Fidel Castro

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die revolutionäre Taktik war zuvor schon in Bolivien und in Ecuador erfolgreich aufgegangen, ebenso wie in Venezuela selbst: Zwar hatten die Venezolaner die Verfassungsänderung eigentlich schon 2007 abgelehnt, Chávez aber bat das Volk kurzerhand zum zweiten Mal zur Urne. In Venezuela lautet die Devise des Linkspopulisten: "Chávez geht nicht, Chávez bleibt." Schließlich dauert die dritte Phase der bolivarischen Revolution offiziell noch bis 2019.

Sein Vorbild und politischer Ziehvater ist Fidel Castro, der Kuba bis zu seinem Abgang 2008 fast ein halbes Jahrhundert lang regierte. Das Motto: "Socialismo o Muerte" (Sozialismus oder Tod) statt Amtszeitbegrenzung. Demokratischen Wahlen hat sich der kubanische Revolutionsführer nie gestellt.

Auch Ortega und Uribe wollen dauerhaft regieren

Daniel Ortega

Daniel Ortega

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Auch in Nicaragua hat der sandinistische Präsident Daniel Ortega inzwischen Vorbereitungen für seine Dauerpräsidentschaft getroffen. Vor einigen Tagen, am 30. Jahrestag der sandinistischen Revolution ließ er die Katze aus dem Sack. Da er für das Projekt, wenn es mit rechten Dingen zugeht, wohl nicht das Parlament gewinnen kann, lautet seine Taktik: Volksabstimmung, neue Verfassung, Wiederwahl ohne Ende. Und wenn er es beim nächsten Mal nicht schafft, will er eine Amtszeit als Regierungschef, einen Posten, den es derzeit in Nicaragua noch nicht gibt, erwirken, und sich dann in der nächsten Runde zum Präsidenten wählen lassen.

Für notorische "Sesselkleber" müssen die Worte von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wie Ohrfeigen wirken. Auch in Brasilien erlaubt die Verfassung nur zwei Amtszeiten, aber Lula will sich daran halten. "Ich strebe keine dritte Amtszeit an", poltert er schon mal gegen Journalisten, die ihn darauf ansprechen. "Ich bin und ich war immer dagegen. Ich denke, dass der Machtwechsel für die Demokratie essenziell ist." Von dieser Festlegung könnte sich Lula vor der Wahl 2010 nur unter hohen Verlusten wieder loseisen.

Álvaro Uribe

Álvaro Uribe

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Derartige Skrupel hat der konservative kolumbianische Präsident Álvaro Uribe nicht. Er legte ein Jahr, bevor seine zweite Amtszeit endet, dem Kongress ein Projekt vor, das aus Caracas stammen könnte: Ein Referendum über eine Verfassungsänderung und die Möglichkeit für Uribe, das Land ein drittes Mal in Folge zu regieren.

Quelle: ntv.de, Franz Smets und Helmut Reuter, dpa

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