Real Madrid besiegt den Frieden Rund wie die Welt
19.06.2007, 22:32 UhrVon Ulrich W. Sahm, Jerusalem
"Ich weiß nicht, wer das Spiel gewinnt. Aber klar ist, dass der Frieden gewinnt." So der designierte Staatspräsident Israels, Schimon Peres, bei einer Pressekonferenz vor einem Fußballspiel im Ramat Gan Stadion nahe Tel Aviv vor 30.000 Zuschauern. Die Presse musste sich rechtzeitig anmelden, wegen der Sicherheitsvorkehrungen. Eine Einreisegenehmigung für 200 palästinensische Jugendliche unter Sechzehn aus Nablus im Westjordanland war dem Rundfunk eine Sondermeldung wert. Das "Shimon Peres Center" für Frieden hatte das Turnier organisiert. Fußball war schön öfters ein Mittel zum Zweck, die israelisch-palästinensische "Friedensmannschaft" gegen berühmte europäische Mannschaften antreten zu lassen.
Nur einen Tag nachdem Real Madrid zum Europameister gekürt worden war, kam die erfolgreiche Mannschaft nach Israel geflogen, um gegen eine gemischte palästinensisch-israelische Mannschaft anzutreten. "Für unsere Mannschaft haben wir die besten Fußballstars aus Israel und Palästina angeheuert", erklärt Ron Pundak, Initiator der inzwischen gescheiterten Osloer-Verträge und heute Direktor in dem von Friedensnobelpreisträger Peres gegründeten Friedenszentrum.
Vor dem Anpfiff und ehe Peres mit dem rechten Fuß einen "flachen Ball" rollen ließ, sagte Pundak: "Wenn palästinensische und israelische Kinder miteinander spielen können, dann ist das auch ein Beweis dafür, dass die Völker in Frieden miteinander auskommen können."
Und dann begann das Spiel. Ein erstes, ein zweites und ein drittes Tor fiel zugunsten der professionellen Spanier. Zwischendurch gerieten die Sportreporter in ihren radiofonen Erregungszustand. "Der palästinensische Spieler Abu Katar schuf eine gefährliche Situation. Er griff scharf an, aber dann, ist er doch gescheitert." Nach dem fünften Tor wurde der berühmte israelische Fußballer Ben Ajoun auf die Spielerbank geschickt.
Nach sechs Toren berieten sich die Fußballexperten des Radios, wieso die Friedensmannschaft so erbärmlich scheitert, "obgleich selbstverständlich der Frieden siegt". Einer sagte: "Die Friedensmannschaft spielt ganz individuell. Jeder rennt in eine andere Richtung." Ein anderer Reporter machte sich Sorgen um den Ruf von Real Madrid: "Das ist doch einfach peinlich, gegen eine Mannschaft anzutreten, die nicht einmal minimal Fußball spielen kann. Die Bilder werden rund um die Welt gehen, aber ich stelle mir vor, dass die Spanier sich nur schämen."
Muhammad aus Nablus mit der Nummer 25 betrat das Spielfeld, als das nächste Tor fiel, 7:0. Ständig wurden die Spieler ausgewechselt. Muhsein Abu Gneim aus Sachnin im Norden Israels mit der Nummer 37 auf seinem Hemd verstärkte die Friedensmannschaft. Die Reporter korrigierten sich schnell. Abu Gneim heißt Muhammad mit Vornamen. "Unsere Listen sind fürchterlich lang und wohl nicht sehr genau."
Trotz Freundschaftsspiel erhielt der spanische Torwart Diego in der 63. Minute von einem der Friedenspieler einen schweren Fußtritt an den Kopf. Ein dramatischer Fall auf den Boden. "Das musste wirklich nicht sein. Der hätte über seinen Kopf springen können. Aber vielleicht ist er einfach unerfahren", kommentierte der Reporter. Der Spanier schüttelte den Kopf und stand schnell wieder auf den Beinen, während er sich mit der Hand noch die Beule an der Schläfe hielt.
Ein arabischer Sportreporter gab seine Expertise ab: "Im besetzten Westjordanland gibt es keinen Fußball, wegen der israelischen Sperren, wegen der Besatzung. Da ist Fußball nicht möglich." Nachdem er seine sportlich politische Analyse abgeliefert hatte wurde er umgehend verabschiedet. Spielverderber waren offenbar unerwünscht, wenn es doch um Frieden geht. Der israelische Reporter rief sofort entzückt: "Inschallah". Auf dem Bildschirm des 10 TV Kanals, wo das Spiel live übertragen wurde, konnte man erkennen, dass die Friedensmannschaft sich ungefähr bis zur der Mitte des Feldes genähert hatte. Wenige Sekunden später verkündete der Lautsprecher (allein auf Hebräisch) 8:0 zugunsten von Madrid. Der gemeinschaftliche israelische Sturm auf das gut bewachte Tor der EU-Mannschaft war schnell abgewehrt und in eine Gegenoffensive umgeschlagen. Blitzschnell gelang es den Spaniern, der Friedensmannschaft eine erneute und endgültige Niederlage beizufügen.
Die Spanier spielten übrigens in weißten Hemden mit aufgedruckter Reklame von "Benq Siemens", während die Israelis und Palästinenser mit tiefblauen Hemden für das Peres-Zentrum warben, das allein von Spenden aus aller Welt seine friedensträchtigen Aktivitäten finanziert.
Den Pokal für das Freundschaftsspiel verlieh ein glücklich lachender Schimon Peres den Spaniern. Jener israelische Politiker, der bis vor einer Woche als der "ewige Verlierer" galt, weil er alle Wahlen in seiner langen Karriere verloren hatte, kann jetzt wenigstens behaupten, wieder mal einen großen Schritt in Richtung Frieden gemacht zu haben, auch wenn Real Madrid die gemeinschaftliche palästinensisch-israelische Friedensmannschaft mit einem schmählichen 8:0 ziemlich vernichtend geschlagen hat.
Quelle: ntv.de