Justiz-Star wechselt die Seiten Schaupensteiner geht zur Bahn
29.05.2007, 16:48 UhrSchon äußerlich entspricht Wolfgang Schaupensteiner den Erwartungen an einen besonders schneidigen Strafverfolger. Elegant gekleidet hält sich der Frankfurter Oberstaatsanwalt stets aufrecht, wenn er genau akzentuiert seine messerscharfen Argumente vorträgt. Um einen treffenden Spruch über sein Spezialgebiet Korruption ist er nie verlegen, was ihn neben seinen spektakulären Fällen zum Medienliebling gemacht hat. Mit Schaupensteiners Wechsel als Korruptionsbekämpfer zur Deutschen Bahn verliert die hessische Justiz einen streitbaren und profilierten Ankläger, möglicherweise ihren einzigen Star.
Seinen Kampf gegen die Korruption hat der 58 Jahre alte, verheiratete Jurist aus Bad Homburg bislang an vielen Fronten betrieben: Als Buchautor, Medienexperte, in zahllosen Podiumsdiskussionen, Anhörungen und Kongressen, in erster Linie aber als fleißiger und akribischer Ankläger. Seine Fälle reichten von Taunus-Bürgermeistern über diverse Ämter der Stadt Frankfurt, die Messe und die Flughafengesellschaft bis zum früheren hr-Sportchef Jürgen Emig und millionenschwere Manager aus der Frankfurter Immobilienbranche.
Die Korruption hat Schaupensteiner schon lange nicht mehr als Sumpf, sondern als Wachstumsbranche bezeichnet. Vor der ebenso einfältigen wie falschen Annahme, dass Korruption ein auf Frankfurt beschränktes Phänomen sei, hat er selbst am lautesten gewarnt: "Frankfurt ist überall."
Allein bei Schaupensteiners neuem Arbeitgeber Deutsche Bahn haben die Frankfurter Ermittler in den vergangenen Jahren in 15 Komplexen nach korrupten Mitarbeitern und deren Geschäftspartnern gesucht. Mit rund 200 Beschuldigten gehört das mit großer Regelmäßigkeit betrogene Staatsunternehmen zu den Stammkunden der kleinen Frankfurter Justizabteilung. Die Zusammenarbeit mit der Bahn sei immer hervorragend gewesen, sagt Schaupensteiner.
Als eines der ersten Unternehmen in Deutschland richtete die Bahn nach schlechten Erfahrungen externe Ombudsleute ein, an die sich Mitarbeiter vertrauensvoll wenden konnten, um verdächtige Vorgänge zu melden. In seiner neuen Stellung will sich der Jurist vor allem um die Möglichkeiten kümmern, mit vertraglichen Vorkehrungen Korruption im internationalen Geschäft zu verhindern. Dabei dürfte er auch den Schmiergeldskandal beim Elektrokonzern Siemens und das System von schwarzen Kassen, Scheinfirmen und Bestechungen im Ausland als warnendes Beispiel vor Augen haben.
"Der Pegelstrom der Schmiergeldzahlungen ist so hoch wie nie zuvor", hat Schaupensteiner vor Jahren geklagt, viel geändert hat sich daran bis heute nicht. Über 500 Verfahren warten in seiner Abteilung noch auf die abschließende Bearbeitung, unter ihnen sind etliche hochkarätige Fälle aus der Frankfurter Immobilienwirtschaft.
In der Politik hat sich Schaupensteiner seit seiner Berufung zum Abteilungsleiter und Oberstaatsanwalt im Jahr 1993 nicht nur Freunde gemacht. Eins seiner -auch bei "Sabine Christiansen" erörterten -Lieblingsthemen ist das völlige Fehlen effektiver Gesetzesnormen gegen korrupte Politiker. Mit seinen Forderungen nach Gesetzesverschärfungen oder einem bundesweiten Register korrupter Firmen nervte er die Verantwortlichen genauso wie mit dem Verlangen nach einer für ganz Hessen zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption.
Schaupensteiners Ausscheiden fällt wohl nicht zufällig mit der Entscheidung von Justizminister Jürgen Banzer (CDU) zusammen, die Zahl der Anti-Korruptions-Staatsanwälte zwar zu verdoppeln, sie in ihren Ermittlungen aber immer noch auf den Landgerichtsbezirk Frankfurt zu beschränken. Statt einer Schwerpunktbehörde soll es dort künftig zwei gleichberechtigte Korruptionsabteilungen geben. Das neue Konstrukt, an dem er nicht mehr teilhaben wird, will Schaupensteiner nicht kommentieren. Er habe schon lange eine Möglichkeit gesucht, sein Wissen zur Prävention in der Wirtschaft einzusetzen, meint er. "Es ist Aufgabe der Unternehmen, sich gegen Korruption zu wappnen." Dass er nach fünf Jahren in den Staatsdienst zurück kann, dürfte ihm den Wechsel nach Berlin zusätzlich erleichtert haben.
Christian Ebner, dpa
Quelle: ntv.de