NRW wählt 2010 Schwarz-Gelb auf dem Prüfstand
28.12.2009, 08:00 UhrWie die schwarz-gelbe Bundespolitik ankommt, zeigt am 9. Mai die Wahl in Nordrhein-Westfalen. Ihr Ausgang ist so ungewiss wie nie zuvor, sogar Schwarz-Grün scheint möglich.

Schon die Koalitionsverhandlungen zwischen dem CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und den anderen Parteivertretern dürfte spannend werden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Zwar wird 2010 nur in einem der 16 Bundesländer ein neuer Landtag gewählt, doch der Urnengang am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen ist keine Landtagswahl wie andere: Für Schwarz-Gelb in Berlin steht bei dem Frühjahrs-Wahltermin zwar nicht soviel auf dem Spiel wie für Schwarz-Gelb in Düsseldorf. Doch ein Wahlsieg von CDU und FDP im bevölkerungsreichsten Land dürfte auch die Koalition beider Parteien im Bund stabilisieren; eine Schlappe hingegen wäre für die Berliner Regierungsstrategen fast so fatal wie für die Landeskoalitionäre, die bei der NRW-Wahl 2005 die jahrzehntelange Dominanz der SPD in deren einstigem Stammland beendet hatten.
Welch große Bedeutung der Nordrhein-Westfalen-Wahl bundespolitisch zukommt, zeigt bereits der Blick auf den politischen Fahrplan von Schwarz-Gelb in der Hauptstadt: Wichtige Entscheidungen zur künftigen Gesundheits- und Steuerpolitik haben die Koalitionäre nach ihrem Wahlsieg im vergangenen September auf die Zeit nach dem Urnengang an Rhein und Ruhr vertagt.
Reiner Wein erst nach der Wahl
In puncto weitere Steuerentlastungen dürfte es dabei der Bundesregierung durchaus ins Konzept passen, dass die Ergebnisse der Steuerschätzung im Mai und nicht bereits in NRW-Wahlkampfzeiten vorliegen werden. Erst nach der NRW-Wahl werde Schwarz-Gelb den Bürgern wohl reinen Wein einschenken und eine "Liste der Grausamkeiten" vorlegen, mutmaßt mancher Oppositionspolitiker.
Abzuwarten bleibt freilich, ob die Berliner Koalitionäre ihren Parteifreunden in Düsseldorf tatsächlich zum erhofften Rückenwind verhelfen können. Denn die Meinungsumfragen der vergangenen Woche zeigten stärkere Ausschläge, als es Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und seinem Vize Andreas Pinkwart (FDP) recht sein kann. So wird gut vier Monate vor der Wahl im Düsseldorfer Landtag über eine ganze Reihe von Koalitionsoptionen spekuliert - zumal die Linke, wie von allen Umfragen der vergangenen Monate vorhergesagt, erstmals in das Landesparlament einziehen dürfte.
Schwarz-gelbe Mehrheit auf der Kippe
Derzeit deutet zwar vieles darauf hin, dass die Landes-FDP ihr 6,2-Prozent-Ergebnis bei der Landtagswahl 2005 im kommenden Frühjahr verbessern kann: Umfragen vom November sagten den NRW-Liberalen immerhin zwischen neun und zehn Prozent der Stimmen voraus. Dafür schwächelte aber zuletzt die CDU, die Infratest Dimap in der jüngsten Umfrage nur noch bei 36 Prozent sah - nach 44,8 Prozent vor fünf Jahren. Damit hätte Schwarz-Gelb in Düsseldorf keine Mehrheit mehr.
Sollte sich dieser Trend bis zum Frühjahr fortsetzen, würde dies Koalitionsspekulationen Tür und Tor öffnen. Rein rechnerisch könnte es für Rot-Rot-Grün zur Mehrheit reichen - trotz der aktuellen Schwäche der SPD, die nach 37,1 Prozent 2005 laut den aktuellen Umfragen nochmals bis zu sieben Punkte einbüßen könnte. Politisch allerdings spricht derzeit wenig für ein Landes-Bündnis aus SPD, Grünen und Linken: Selbst bei Mitte-Links-Politikern in Nordrhein-Westfalen gelten die Landes-Linken als Chaos-Truppe und nicht regierungsfähig.
Annäherungen zwischen Grünen und CDU

Die Grünen-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl und Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann (r) und die Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger (l) wittern bereits Chancen auf einen Platz in der Regierungskoalition.
(Foto: picture alliance / dpa)
Außerdem könnte sich zumindest für die Grünen noch eine ganz andere Option auftun. Denn spätestens seit dem Zustandekommen der ersten schwarz-grünen Landeskoalition in Hamburg halten sich auch am Rhein hartnäckig Mutmaßungen über eine Annäherung zwischen CDU und Grünen. Hinzu kommt, dass in NRW-Kommunen schwarz-grüne Bündnisse längst keine Ausnahme mehr sind. Und den jüngsten Umfragen zufolge stünden die Chancen für eine schwarz-grüne Mehrheit auch nicht schlechter als für einen schwarz-gelben Erfolg: Die Grünen lagen in den jüngsten Umfragen nahezu gleichauf mit der FDP.
Dagegen liegt in Nordrhein-Westfalen eine Jamaika-Koalition wie an der Saar derzeit in weiter Ferne. Aber selbst über ein solches Bündnis von CDU, FDP und Grünen dürfte in den kommenden Monaten spekuliert werden. Denn der Wahlausgang in dem 18-Millionen-Einwohner-Land scheint so ungewiss, dass die Koalitionsverhandlungen nach dem 9. Mai ebenso spannend werden könnten wie die Wahl selbst.
Quelle: ntv.de, Richard Heister, AFP