Hintergrund Sinti und Roma
19.12.2008, 13:42 UhrRund 500.000 Sinti und Roma sind nach Schätzungen im nationalsozialistisch besetzten Europa aus rassischen Gründen ermordet worden. Eine lange Zeit der Diskriminierung endete für viele Menschen dieser Volksgruppe mit der "Endlösung des Zigeunerwesens" in den Gaskammern der Vernichtungslager.
Bereits 1496 hatte der Reichstag in Deutschland lebende "Zigeuner" für vogelfrei erklärt. Bis 1774 wurden mehr als 140 Edikte erlassen, die Gewalt gegen das "fahrende Volk" erlaubten. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 erlebte die Diskriminierung mit der Einführung eines Gewerbeverbots einen neuen Höhepunkt, eine systematische Überwachung ermöglichte eine in Bayern gegründete "Zigeunerpolizeistelle". Das preußische Innenministerium ordnete 1927 die Abnahme der Fingerabdrücke aller "Zigeuner" an.
Reichszentrale zur "Bekämpfung des Zigeunerwesens"
Diese Unterlagen halfen den Nationalsozialisten sechs Jahre später bei ihrem Vernichtungsfeldzug gegen die Volksgruppe. Nach einer zunehmenden Entrechtung der nach den Nürnberger Rassengesetzen als minderwertig geltenden Sinti und Roma richtete SS-Reichsführer Heinrich Himmler 1938 eine Reichszentrale zur "Bekämpfung des Zigeunerwesens" ein. Hunderte wurden ins KZ Sachsenhausen verschleppt und starben als Zwangsarbeiter. Andere Angehörige dieser Minderheit wurden in Sammellagern am Rand der Städte zusammengepfercht, viele von ihnen mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 dort von SS-Einsatzgruppen erschossen.
Himmlers "Auschwitz-Erlass" vom 16. Dezember 1942 war der letzte Schritt auf dem Weg in die Vernichtungslager. Aus elf Ländern Europas deportierten die Nazis rund 23.000 Sinti und Roma - etwa 10.000 aus Deutschland - in das "Zigeuner-Familienlager" von Auschwitz-Birkenau. Dort wurden die meisten von ihnen vergast. Mit einem Aufstand am 16. Mai 1944 wehrten sich 6000 Überlebende mit Messern, Knüppeln und Steinen gegen ihre schwer bewaffneten Wachmannschaften und verhinderten ihre sofortige Ermordung. Die Hälfte von ihnen kam als "Arbeitsfähige" in andere KZs, nur wenige von ihnen überlebten. In Auschwitz erstickten in der Nacht zum 3. August 1944 die verbliebenen rund 3000 Sinti und Roma in den Gaskammern.
Quelle: ntv.de