Obamas Herkulesaufgabe Skepsis über Konjunkturplan
07.12.2008, 17:31 UhrBarack Obama weiß, dass die Amerikaner nichts mehr beunruhigt als die Wirtschaftskrise. Also kündigte der designierte US-Präsident schon sechs Wochen vor Amtsantritt das gigantischste Konjunkturprogramm seit Menschengedenken an. Fieberhaft arbeitet derzeit das Obama-Team mit dem Kongress zusammen. Denn schon am Tag nach der sicher spektakulären Show der Obama-Inauguration am 20. Januar, zu der vier Millionen Menschen in Washington erwartet werden, soll das Finanzpaket im US-Parlament verabschiedet werden.
Aber Obama, dessen euphorische Anhänger von ihm wahre Wunderdinge erwarten, macht sich kaum Illusionen über die Erfolgsaussichten. "Es wird schlechter, bevor es besser wird", mahnt er immer wieder angesichts der bedrohlichsten Rezession seit der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre. Und selbst seine engsten Berater kennen die Grenzen staatlicher Programme, der klassisch sozialdemokratischen Politik in der Schule von John Maynard Keynes.
Denn die angekündigten Investitionen in den Straßenbau, in Schulen, Krankenhäuser oder Behörden seien "die weniger effizienten Optionen" zur Wirtschaftsbelebung, hatte Obamas Chef-Wirtschaftsberater Jason Furman in einer Studie geschrieben. "Langfristig" seien solche staatlichen Programme hilfreich, aber es sei zweifelhaft, ob sie "kurzfristig einen bedeutenden wirtschaftlichen Anreiz" bringen würden, so Furman. Insbesondere erfordere die Umsetzung solcher Infrastrukturprojekte, die angesichts der maroden amerikanischen Straßen und Brücken höchst angebracht scheinen, ihre Zeit.
"Nimm es oder verlier es!"
Obama will dem vorbauen: "Nimm es oder verlier es! Das ist eine sehr machtvolle Botschaft", sagte er mit Blick auf die Gelder für die US-Bundesstaaten. Deren Gouverneure hatten vergangene Woche den designierten Präsidenten auf einer Konferenz fast flehentlich um Hilfe aus Washington gebeten. Nun werde Hilfe "groß, richtig groß", jubelte der Vorsitzende des US-Gouverneursverbands, der Demokrat Edward Rendell (Pennsylvania).
Für die Republikaner, die zumindest im Senat den Konjunkturplan Obamas durchaus blockieren könnten, gehen die Investitionen in die falsche Richtung. Allerdings hat schon Präsident George W. Bush sich für Konjunkturbelebungsprogramme stark gemacht und manche im Kongress auch durchgesetzt. Dennoch vertrauen die Konservativen nach wie vor allem auf eine Politik der Steuersenkungen und nicht auf Staatsprogramme. Nicht zuletzt, weil es schließlich Steuergelder und Staatsschulden sein werden, mit denen die Riesensummen - von bis zu einer Billion Dollar (786 Milliarden Euro) ist die Rede - finanziert werden. Infrastrukturprogramme brächten "einige Arbeitsplätze, aber sie werden nicht das Wirtschaftsvertrauen wiederherstellen, das für Investitionen und privat geschaffene Jobs notwendig ist", bemängelte das "Wall Street Journal". Nur "massive" Steuersenkungen könnten das bewirken.
Warnung vor Verschwendung
Gelder für die Infrastruktur würden im Kampf gegen die Rezession kaum helfen, meinte auch der Wirtschaftsexperte John Cogan vom Hoover-Institut der Stanford Universität zur "Washington Times". "Je mehr Gelder ausgegeben werden sollen, desto länger dauert es", kritisierte der Ex-Berater der Präsidenten Ronald Reagan und George Bush senior. Zudem drohten bei solchen Investitionen am ehesten noch staatliche Verschwendung.
Eine Studie der konservativen Heritage-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass staatliche Konjunkturprogramme schon bei den Wirtschaftskrisen in den 30er und 70er Jahren kaum die Ökonomie belebt hätten - ebenso wenig wie Bushs expansive Ausgabenpolitik und Steuerkürzungen in der Vergangenheit.
Befürworter erwarten "Ruck"
Die Befürworter des Obama-Plans meinen, dass es den von ihm geforderten "Ruck" für die Wirtschaft brauche: "Wenn wir nichts tun, könnten wir uns (ökonomisch) in einem tiefen Loch wiederfinden", so der Vizepräsident des Brookings-Instituts (Washington), William Gale. Trotz seiner Skepsis wegen der Gefahren von Verschwendung und Missbrauch der Staatsgelder, wäre Tatenlosigkeit der Regierung höchst gefährlich.
Obamas Pläne "machen absolut Sinn", lobte der Chef-Ökonom der Ratingagentur Moody's, Mark Zandi in der "Washington Post". Allerdings seien nun auch die von Obama versprochenen Steuererleichterungen für die Mittelklasse notwendig. Dann könnte ein 600-Milliarden-Konjunkturprogramm die Arbeitslosigkeit bis 2012 wieder auf fünf Prozent zurückbringen. Die "New York Times" forderte in einem Kommentar von Obama auch die Stärkung der Arbeitnehmerrechte und Erhöhung der Löhne, und weniger Konzentration auf die Anforderungen der Wall Street. Amerika erwartet von Obama schon zum Start seiner Amtszeit die Bewältigung einer wahren Herkulesaufgabe.
Lazlo Trankovits, dpa
Quelle: ntv.de