"Poltergeist" im roten Pullunder Stiegler kündigt Abschied an
26.04.2008, 15:14 UhrLudwig Stiegler ist für schrille Töne bekannt - und für seine roten Pullunder. Mit polemischen Spitzen schafft es der bayerische SPD-Vorsitzende und stellvertretende Chef der Bundestagsfraktion seit Jahren immer wieder in die Schlagzeilen - oft selbst zum Ärger seiner Parteigenossen. Doch der 64-Jährige hat sich ein dickes Fell zugelegt - auch durch das jahrzehntelange Wechselbad aus Sieg und Niederlage. Nun kündigt der Oberpfälzer seinen Rückzug aus der Politik für das kommende Jahr an.
Der katholische Arbeitersohn aus Parsberg ist der SPD seit Mitte der 60er Jahre treu. Schon früh galt er als polemischer Parteilinker - auch wenn sich der Klosterschüler nach dem Abitur zunächst als Zeitsoldat verpflichtete. Nach dem Studium wurde Stiegler Rechtsanwalt in Köln und Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Weiden, bevor er 1980 erstmals über die Landesliste in den Bundestag einzog. Zwischen 1985 bis 1993 intensivierte der von seinen Freunden "Luigi" genannte Stiegler die Arbeit in der Landespolitik als Vize- Vorsitzender der Bayern-SPD. Den Posten hatte er auch von 1997 bis 2004 inne. Vor vier Jahren übernahm er schließlich den Landesvorsitz.
Gegen "Professoren-Geschwätz"
Einen kurzen Sommer lang hatte Stiegler 2002 sogar das Ruder der SPD-Fraktion im Bundestag in den Händen, nachdem Peter Struck kurzfristig ins Verteidigungsministerium wechseln musste.
In Berlin hält Stiegler als einer der letzten prominenten Vertreter der bayerischen SPD die Fahne hoch, als "wortgewaltiger Poltergeist" ist er sowohl in der Hauptstadt als auch in München und der Oberpfalz gefürchtet. Vor allem in Oberbayern hat er selbst in der SPD nur wenige Freunde. Stiegler legte sich unter anderem beim Asylkompromiss mit der damaligen bayerischen SPD-Chefin Renate Schmidt an. Gescholten wurde er auch, als er 2003 über die sogenannte Rürup-Kommission mit den Worten herzog, er habe "die Schnauze voll" von "diesem Professoren-Geschwätz". Anfang 2002 stellte Stiegler die These auf, die Weimarer Vorgängerparteien von Union und FDP hätten "historische Schuld" am Aufstieg Adolf Hitlers gehabt. In Washington verglich er US-Präsident George W. Bush mit dem römischen Kaiser Augustus. Und die CSU-Bundestagsabgeordneten schmähte er schon mal als "kastrierte Kater".
2005 Rücktritt gefordert
Für Aufregung sorgte im Juli 2005 vor allem Stieglers Aussage, der Unions-Wahlkampfslogan "Sozial ist, was Arbeit schafft" erinnere ihn an die Inschrift "Arbeit macht frei" über dem Eingang zum KZ Auschwitz. Die Opposition forderte damals seinen Rücktritt, und auch in den eigenen Reihen musste Stiegler einstecken, bis er sich schließlich entschuldigte.
Sehr geschätzt wird dagegen Stieglers Verhandlungsgeschick und seine Integrationskraft. So vermittelte er in der Debatte über das Sicherheitspaket zwischen dem damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und dem grünen Koalitionspartner.
Von Martin Oversohl, dpa
Quelle: ntv.de