Dossier

Gesundheitspolitik Tauziehen in der EU

In der Europäischen Union ist Gesundheitspolitik bislang Sache der Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission hat deshalb keine direkten Eingriffsmöglichkeiten oder Regelungsbefugnisse ("Kompetenz"). Sie muss versuchen, ihre Anliegen durch die Hintertür durchzusetzen, also Politikfelder wählen, für die sie Kompetenzen hat. So können Fördergelder für eine bessere medizinische Infrastruktur ausgegeben werden. Auch im Arbeitsrecht ist Brüssel zuständig. So erwägt die EU-Kommission, mit diesem Hebel Rauchverbote in Europas Gaststätten durchzusetzen - zum Schutz der Bedienungen.

Ein Paradebeispiel ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), das der Kommission im Streit um das Tabakwerbeverbot den Rücken stärkte. Die Luxemburger Richter urteilten, die Kommission sei nicht zu weit gegangen, als sie das Verbot mit der Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen begründete - selbst wenn der Schutz der Gesundheit ein Nebenaspekt gewesen sei.

Ebenso wie in der Steuer- oder der Bildungspolitik wachen die 27 EU-Staaten aber mit Argusaugen darüber, dass ihnen Brüssel in der Gesundheitspolitik nicht hineinredet. Die umstrittene EU-Dienstleistungsrichtlinie, mit der im vergangenen Jahr die Servicemärkte in den Mitgliedstaaten für den Wettbewerb geöffnet wurden, klammert Gesundheitsdienstleistungen aus. Diese sollten nicht wie andere Branchen behandelt werden, ist die Begründung.

Darum will die EU-Kommission für diesen Sektor bis Ende des Jahres neue Vorschläge machen. Patienten sollen sich einfacher und zuverlässiger in anderen EU-Staaten behandeln lassen können - weil sie im EU-Ausland wohnen oder arbeiten oder schlicht weil sie dort besser oder günstiger zum Arzt gehen können.

Dass es in dieser Sache Handlungsbedarf gibt, zeigen auch jüngste Urteile des EuGH. Das oberste EU-Gericht hat wiederholt geurteilt, dass Gesundheitsdienstleistungen in der EU grenzüberschreitend erbracht werden müssen. Begründung: Die "Dienstleistungsfreiheit" ist Teil des EU-Binnenmarktes, der im EU-Vertrag verankert ist und damit für alle 27 EU-Staaten gilt.

Quelle: ntv.de

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