Dossier

Matschies Machtprobe Thüringer SPD ist gespalten

Die Stunde der Wahrheit naht: Am 11. Oktober muss sich SPD-Landeschef Christoph Matschie in seiner Partei beweisen. Er will die rot-schwarze Regierung durchsetzen.

SPD-Landeschef Christoph Matschie will den Koalitionsvertrag mit der CDU vorverlegen.

SPD-Landeschef Christoph Matschie will den Koalitionsvertrag mit der CDU vorverlegen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Mit Schnelligkeit zum Ziel heißt die neue Devise von Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie. Mit seiner Ansage, den Koalitionsvertrag mit der CDU innerhalb von zwei Wochen vorzulegen, hat er seinen parteiinternen Gegnern den Wind aus den Segeln genommen. Sie können nur noch am 11. Oktober auf einer inoffiziellen Basisversammlung ihren Unmut kundtun. Dann naht schon mit dem entscheidenden Parteitag am 25. Oktober die Stunde der Wahrheit.

Seit der Landesvorstand in der vergangenen Woche mit 18 zu 6 Stimmen die schwarz-rote Karte gezogen hat, spitzt Matschie die Situation systematisch zu: "Die Koalition mit der CDU ist die einzige Option." Er nutzt jedes Interview, um die Tür zur Linken mit ihrem Spitzenmann Bodo Ramelow fester zu verschließen. Angefangen hat er mit der Aussage: "Wenn wir ein linkes Bündnis versucht hätten, dann wären das fünf Jahre Selbsthilfegruppe Bodo Ramelow geworden." Inzwischen garniert er jede seiner Aussagen zur Linken mit den Attributen "regierungs- und kompromissunfähig".

Beweist sich im Machtkampf

Damit eifert der Theologe Matschie seinem Vorbild, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), als Basta-Politiker nach. Die nötige Härte hat er sich in den vergangenen 18 Monaten geholt. Im Februar 2008 musste er sich einem ersten internen Machtkampf gegen seinen Vorgänger Richard Dewes stellen. Dewes, zwischen 1994 und 1999 Innenminister in einer schwarz-roten Koalition, forderte eine klare Ausrichtung hin zur Linken. Matschie wollte sich dagegen seine Wahlstrategie absegnen lassen, mit der Linken nur zusammenzuarbeiten, wenn die SPD das Sagen habe. Zwei Drittel der Mitglieder folgten ihm.

Die Koalitionsverhandlungen in Thüringen zwischen CDU und SPD halten an.

Die Koalitionsverhandlungen in Thüringen zwischen CDU und SPD halten an.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Danach beendete Matschie seine Integrationsversuche. "Wer die ausgestreckte Hand nicht annimmt, muss die Konsequenzen tragen", sagte er damals und räumte in der Partei auf. Die Sympathisanten von Dewes wurden aus dem Vorstand herausgedrängt. Das traf selbst den Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein. Abtrünnige Abgeordnete erhielten einen hinteren Listenplatz und verloren nach der Landtagswahl ihre Posten. Matschies Machtbasis war damit gesichert.

"Personalien am Schluss"

Als das linke Lager bei der Landtagswahl mehr als 50 Prozent der Stimmen holte und die CDU abgestraft wurde, witterten seine Gegner kurz Morgenluft. "Das klare Votum für einen Politikwechsel muss umgesetzt werden", sagte Dewes. Doch Matschie zermürbte die Befürworter von Rot-Rot-Grün mit langwierigen Sondierungsgesprächen. Von Beginn an weigerte er sich, die im linken Lager ungelöste Frage nach der Besetzung des Regierungschefs zu beantworten. "Personalien am Schluss", wiederholte er gebetsmühlenartig, um dann genau in dieser Frage das Ende der Bemühungen zu verkünden.

Der erste Aufruhr nach der Entscheidung für eine Koalition mit der CDU - "Schwarz-Rot ist unser Tod", hatten die Jusos getitelt - ist inzwischen verraucht. Für einen Sonderparteitag, um das Votum zu kippen, fehlt die Zeit. Auch die von Bausewein für Samstag einberufene Basisversammlung kann das heiße Eisen nicht mehr schmieden. Ohnehin können dort keine offiziellen Beschlüsse gefasst werden. Außerdem hat sich Matschie mit der gesamten Sondierungsgruppe angekündigt, um die Entscheidung zu verteidigen.

Anonyme Morddrohung gegen Matschie

Seinem Argument, doch die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen mit der CDU abzuwarten, wird sich wohl niemand entziehen können. Nach einer anonymen Morddrohung gegen Matschie möchte zudem niemand in die Ecke der fanatischen Oppositionellen gerückt werden. Außerdem will keiner der Gegner gegen den Vorsitzenden in den Ring steigen. "Jetzt geht es nicht um Personalien", sagt Bausewein, dessen Name bei der Besetzung der Staatskanzlei im Falle eines linken Bündnisses genannt wurde.

Solange die Befürworter von Rot-Rot-Grün jedoch keine personelle Alternative aufzeigen und dafür Mehrheiten gewinnen, bleibt ihr Projekt Wunschdenken. Dann werden sie sich zähneknirschend den Vorgaben von Matschie beugen müssen. Mit ihrer Basisversammlung, die den Vorsitzenden eigentlich unter Druck setzen sollte, spielen sie ihm jetzt in die Hände. Geht er am 11. Oktober als Sieger vom Platz, muss er den Parteitag am 25. Oktober nicht mehr fürchten.

Quelle: ntv.de, Ingo Senft-Werner, dpa

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