Dossier

Trauer und Entsetzen US-Soldaten gefoltert

Die grausamen Details wollte das US-Militär den Familien der zu Tode gefolterten US-Soldaten im Irak und der amerikanischen Öffentlichkeit eigentlich ersparen. Vergeblich: Erst sprach ein irakischer Generalmajor von einem "barbarischen Mord", dann brachte die "Washington Post" Details von Augenzeugen. Die am Freitag verschleppten Soldaten Thomas Tucker (25) und Kristian Menchaca (23) sollen mit Stricken gefesselt und an Kleinlaster gebunden durch die Straßen geschleift worden sein, ehe sie verstümmelt und enthauptet wurden. Die Leichen waren so zugerichtet, dass eine DNA-Analyse zur eindeutigen Identifizierung nötig war.

Im Heimatort von Tucker, Madras, einen 5600-Seelen-Ort in Oregon an der Westküste, wich die anfängliche Hoffnung, den Soldaten noch lebend zu finden, blankem Entsetzen. Auf großen Anzeigentafeln in der Stadt wurden Botschaften wie "Wir beten für die sichere Rückkehr von Tucker" ersetzt. "Wir sind stolz auf einen amerikanischen Helden" steht dort nun. Jeder kennt die Familie. Die Lokalzeitung organisiert Helfer: "Wer für die Tuckers kochen oder anders helfen will, sollte Andee, Jan oder Kristy anrufen" steht da mit Telefonnummern. "Bin nur auf Urlaub und zurück, bevor ihr es merkt", hatte der Gefreite vor kurzem noch auf den Anrufbeantworter seiner Eltern gesprochen. Tucker war erst im vergangenen Sommer in die Armee eingetreten.

Christine Menchaca (18) ist neun Monate nach ihrer Blitzhochzeit mit Kristian Menchaca Witwe. Die jungen Leute hatten im September vergangenen Jahres heimlich geheiratet, Tage, bevor Menchaca seinen Marschbefehl in den Irak erhielt. "Schickt mir Sachen:Feuchttücher, Seife, Oreo-Kekse", sagte Menchaca seiner Tante Maria Vsquez erst vor kurzem am Telefon. "Er liebte Oreos", berichtet sie im Fernsehen unter Tränen.

Trauer und Entsetzen über den brutalen Tod der jungen Männer und Tribute an ihre Vaterlandsliebe dominierten am Mittwoch die US-Reaktion. "Ich verteidige mein Land, seid stolz auf mich", sagte Tucker auf den Anrufbeantworter seiner Eltern, die diese Botschaft veröffentlichten. "Er glaubte an das, was er tat", sagt Sylvia Grice, eine Cousine von Menchaca.

Noch wagte keiner, öffentlich die Frage zu stellen, ob Tuckers und Menchacas Schicksal auf brutales amerikanisches Verhalten im Irak zurückzuführen sei. Erst vor wenigen Wochen hatte der Tod von zwei Dutzend Zivilisten in Haditha Schlagzeilen gemacht.Die US-Armee untersucht, ob amerikanische Soldaten die Männer, Frauen und Kinder kaltblütig erschossen haben. Gegen drei US-Soldaten wurde gerade Anklage wegen Mordes an irakischenGefangenen erhoben.Und die skandalösen Schikanen, mit denen US-Soldaten irakische Gefangene im Gefängnis Abu Ghoreib drangsalierten, sind nicht vergessen.

Eine mögliche Vergeltungsaktion für den tödlichen Bombenanschlag auf den Topterroristen Abu Mussab al-Sarkawi wies ein US-Militärsprecher vehement zurück. Irakische Extremisten, die solche Vergeltungsschläge ankündigten, hatten sich mit der Verschleppung der US-Soldaten auf einer Webseite gebrüstet. "Völlig unglaubwürdig", sagt Militärsprecher William Caldwell.

Dass US-Soldaten, die auszogen, um ihr Land zu verteidigen, nun blutrünstigen und brutalen Kämpfern in die Hände fallen könnten, ist ein Albtraum für die Amerikaner. Das könnte die bröckelnde Unterstützung für den Irak-Krieg weiter unterlaufen. Bei Umfragen bezeichnen inzwischen mehr als die Hälfte der Befragten den Krieg als Fehler.

Von Christiane Oelrich, dpa

Quelle: ntv.de

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