Mazedonien wählt Präsidenten Unruhen befürchtet
22.03.2009, 10:59 UhrDie Präsidentenwahl in dem kleinen Balkanland Mazedonien wird von einer einzigen Frage bestimmt: Wird es bei der Abstimmung der 1,8 Millionen Wahlberechtigten wieder zu Unruhen kommen oder wird der Wahlgang diesmal regulär und demokratisch ablaufen? Ein Heer ausländischer Beobachter ist zur Beantwortung dieser Frage aufgeboten. Denn die Parlamentswahl im vergangenen Sommer hatte mit einem Debakel geendet: Bei bewaffneten Auseinandersetzungen waren zwei Dutzend Wahllokale gestürmt worden, ein Mensch kam ums Leben, acht weitere wurden.
Die Präsidentenwahl soll nun beweisen, dass Mazedonien reif ist für die weitere Annäherung an die Europäische Union (EU). Seit 2005 ist das unterentwickelte Land mit 2,1 Millionen Einwohnern zwar offiziell Kandidat für den EU-Beitritt. Aber die Gewalt bei der letzten Wahl hat ebenso wie die weit verbreitete Korruption, das reformbedürftige Justiz- und Polizeisystem und die Spannung zwischen den beiden Staatsvölkern die weitere Annäherung verhindert.
Ethnische Auseinandersetzungen
Die Kernfrage der Innenpolitik ist das Verhältnis der slawischen und albanischen Mazedonier zueinander. 2001 hatte es bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen gegeben, die durch Vermittlung der EU beendet wurden. Doch fühlen sich die Albaner, die knapp 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen heute gegenüber der slawischen Mehrheit immer noch benachteiligt. Die Regierung wird indes seit letztem Sommer von den slawischen Konservativen und einer albanischen Partei als Juniorpartner gestellt.
Der Präsidenten-Kandidat der regierenden Konservativen, Georgi Ivanov, führt in den jüngsten Umfragen mit 23 Prozent der Stimmen. Der Albaner Imer Selmani liegt mit 13 Prozent auf dem zweiten Platz. Der Kandidat der oppositionellen slawischen Sozialdemokraten, Ljubomir Frckoski, ist mit zehn Prozent Dritter. Da keiner dieser drei aussichtsreichsten Amtsanwärter die absolute Mehrheit erreichen kann, ist die Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten zwei Wochen später praktisch sicher.
Griechenland verhinderte NATO-Beitritt
Inhaltlich unterscheiden sich die Drei nur wenig. Für alle ist der jahrelange Namensstreit mit dem Nachbarn Griechenland der wichtigste Punkt ihres Programms. Athen will nicht zulassen, dass die frühere jugoslawische Republik Mazedonien diesen Namen trägt. Es seien Gebietsansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz Mazedonien zu befürchten, begründet Athen seine Position. Im vorigen April hat Griechenland die Aufnahme Mazedoniens in die NATO verhindert. Sollte der EU-Beitritt des Balkanlandes einmal spruchreif werden, will Griechenland dem ebenfalls einen Riegel vorschieben.
Bevor der bizarre Streit um den historischen Namen nicht beigelegt ist, ist Mazedonien nicht nur in der NATO und der EU blockiert. Auch die krisenanfällige Wirtschaft muss weiter auf den Aufschwung warten, weil ausländische Investoren inzwischen zurückhaltend sind. Bisher konnten auch die Verbündeten die Regierung in Athen nicht umstimmen. Denn dass das kleine Mazedonien das starke NATO- und EU-Land Griechenland wirklich bedrohen könnte, glaubt niemand.
Thomas Brey, dpa
Quelle: ntv.de